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Archiv-Artikel

Müder Kampf

DAILY DOPE (653) Die Welt-Antidoping-Agentur verschärft auf ihrem Kongress in Johannes-burg die Strafen für betrügerische Sportler. Eine kraftvolle Organisation, vor der die Athleten dieser Welt Respekt haben müssten, ist die finanziell schlecht aus-gestattete Wada deshalb noch lange nicht

VON ANDREAS RÜTTENAUER

Ein wenig ratlos wirkten die versammelten Vertreter aus Sport und Politik, die in dieser Woche zum Welt-Antidoping-Kongress in Johannesburg zusammengekommen waren. Die Enthüllungen um das Dopingsystem, das der Radler Lance Armstrong installiert hatte, waren allgegenwärtig. Als Erfolg wurde der Bericht der US-Antidoping-Agentur über die Machenschaften des siebenfachen Tour-de-France-Siegers, der vor einem Jahr die Sportwelt in einen Schockzustand versetzt hatte, gewürdigt. Und doch konnte niemand erklären, warum Armstrong so lange keines der üblichen Mittel im Antidopingkampf etwas anhaben konnte. Zwar wurde der Kodex der Welt-Antidoping-Agentur, der weltweit die Kontrolle und Bestrafung von Sportlern regelt, verschärft. Doch so recht war kaum einer davon überzeugt, dass der Sport wirklich in der Lage ist, sich zu säubern.

Bei einem schweren Dopingvergehen, nach einer positiven Dopingprobe etwa, sollen die betroffenen Sportler statt wie bisher zwei nunmehr vier Jahre gesperrt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass ein betrügerischer Sportler an den dem Betrug folgenden Olympischen Spielen nicht teilnehmen kann. Die Olympischen Spiele wären dann von erwischten Manipulatoren gesäubert. Aber wird der Sport dadurch gerechter?

Dick Pound, von 1999 bis 2007 der erste Präsident der Wada, hat da so seine Zweifel. Er trat auf dem Kongress in Johannesburg als Mahner auf, hat die Befürchtung, dass der Antidopingkampf am Einschlafen ist. Es bräuchte vielleicht einen neuen Festina-Skandal, um die Welt für das Dopingproblem zu sensibilisieren, sagte er und spielte auf die Tour de France 1998 an, die beinahe abgebrochen werden musste, weil sich das Fahrerfeld mit den festgenommenen Sportlern solidarisiert hat, in deren Team irrwitzige Mengen von Dopingmitteln gefunden worden waren. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Staaten und Sportorganisationen, das ist es, was Pound fordert. Der neue Kodex, der auch in Deutschland ab dem 1. Januar 2015 gilt, ermöglicht es der Wada, nun Nationen zu bestrafen, deren Antidopingregime zu wünschen übrig lässt. Dass ein Land wie Kenia trotz mehrfacher Mahnung lange gar nichts unternahm, um endlich das Blut der erfolgreichen Langstreckler zu untersuchen, soll nicht mehr vorkommen. In Jamaika wurde im Jahr der olympischen Spiele 2012 kaum einer der Supersprinter einer Trainingskontrolle unterzogen. Das soll künftig bestraft werden. Ein Ausschluss von Wettbewerben ist möglich.

Ob sich die Regeln indes durchsetzen lassen, ist fraglich. Die deutsche Nationale Antidopingagentur hat bis zuletzt gegen eine reguläre Vier-Jahres-Sperre gekämpft. Sie hält sie für nicht verhältnismäßig und fürchtet deswegen den Gang von Sportlern vor ordentliche Gerichte. Das Bundesinnenministerium hegt an dieser Stelle ebenfalls Zweifel. Sportler in Großbritannien haben schon angekündigt, gegen die verlängerte Regelsperre kämpfen zu wollen.

Sie werden es bei ihrem Kampf mit einem Bekannten zu tun bekommen. Der ehemalige Präsident des Britischen Olympischen Komitees Craig Reedie wurde in Johannesburg als Nachfolger des doch arg zurückhaltenden Australiers Johan Fahey zum neuen Wada-Chef gewählt. Er war es, der 1992 in Großbritannien die lebenslange Sperre für schwere Dopingvergehen etabliert hat. Das größte Problem der Wada erbt er von seinen Vorgängern. Sie verfügt über ein Jahresbudget von 27 Millionen Dollar. Für Dick Pound eine „lächerliche“ Summe für eine Organisation, die weltweit agieren soll. Wada-Generaldirektor David Howman ordnete die Summe so ein: „Wir haben nicht einmal so viel wie Wayne Rooney bei Manchester United verdient.“