: Nicht förderwürdig
Mit Biodiesel ist eine flächendeckende Energieversorgung nicht möglich. Darumist es richtig, Steuervorteile zu streichen. Das Geld wäre besser in Biogas investiert
Um eines klarzustellen: Bioenergie ist für die Energiewende unverzichtbar – schon allein deshalb, weil sie eine speicherbare erneuerbare Energie ist. Doch nicht jede sich bietende Option ist ökologisch wie energetisch gleichermaßen sinnvoll. Und so muss der, der die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Bioenergien nüchtern abwägt, feststellen: Rapsöl und der daraus erzeugte Biodiesel taugt nicht für den Aufbau einer großflächigen Versorgung mit Bioenergien.
Das hat mehrere Gründe. Raps verträgt sich nicht mit ökologischem Landbau, er entzieht in jährlich wiederkehrender Monokultur dem Boden zu viele Nährstoffe. Ohne Kunstdünger sind Rapskulturen kaum denkbar – was ihren großflächigen Einsatz nicht nur ökologisch fragwürdig macht, sondern auch die Energiebilanz beeinträchtigt. Daher steht auch das Umweltbundesamt dem Raps-Treibstoff seit jeher kritisch gegenüber.
Zudem sind die Erträge zu gering für eine wahre Energiewende. Mit 1.300 Litern pro Hektar ist der Jahresertrag beim Rapsdiesel ungenügend. Damit könnte Deutschland maximal 5 Prozent des heutigen Dieselbedarfs decken – und mehr Ackerflächen stehen schlicht und einfach nicht zur Verfügung.
Der geringe Ertrag hängt vor allem damit zusammen, dass bei Ölpflanzen nur ein Teil der Pflanze zur Energiegewinnung genutzt wird. Wer hingegen Pflanzen in einer Biogasanlage zu Biomethan vergärt, verwertet jedes einzelne Blatt energetisch. Auf diese Weise lassen sich viermal so viele Fahrzeugkilometer aus jedem Hektar Ackerland herausholen.
Doch nicht nur die höheren Erträge sprechen für die so genannte anaerobe Vergärung in Biogas-Fermentern. Das Verfahren bewahrt uns zudem vor Monokulturen. Denn in den betreffenden Anlagen kann jede beliebige Pflanze vergoren werden: heute Grasschnitt, morgen Silage, übermorgen Energiegetreide. Alle pflanzlichen Produkte sind geeignet, nur zu holzig dürfen sie nicht sein.
Das möglicherweise wichtigste Argument für Biogas und gegen das Pressen von Öl sind jedoch die Stoffkreisläufe. Wer Ölpflanzen anbaut, entzieht dem Boden jede Menge Nährstoffe. Das ist unvermeidbar, wenn man die Nährstoffe als Nahrungsmittel erschließen will, also Speiseöle produziert. Doch wer lediglich die Energie aus den Pflanzen gewinnen will, sollte die Kreisläufe von Phosphor, Kalium und Kalzium – um nur die wichtigsten Nährstoffe zu nennen – nicht durchbrechen.
Die Methanvergärung hält genau diese Kreisläufe intakt. Denn Methan besteht nur aus Kohlenstoff und Wasserstoff. Alle wichtigen Nährstoffe verbleiben bei der Vergärung im Restsubstrat, das anschließend wieder auf die Felder ausgebracht werden kann. Kunstdünger wird damit verzichtbar.
Schließlich gibt es noch einen weiteren wesentlichen Vorteil von Biomethan gegenüber allen Ölen und deren Wandlungsprodukten: die Qualität der Verbrennung. Gasfahrzeuge erreichen Abgaswerte, von denen die Konstrukteure von Pflanzenöl- und Biodieselmotoren nur träumen können.
Kritiker werden nun fragen: Wie soll man Biogas tanken? Ganz einfach: Das Gas lässt sich mit vertretbarem Aufwand auf Erdgasqualität aufbereiten. Entsprechende Verfahren sind längst Stand der Technik. Im Raum Zürich zum Beispiel gibt es Biogastankstellen seit Jahren. Auch in Schweden und den Niederlanden wird die Technik bereits eingesetzt, ebenso wie in Oberösterreich. Deutschland folgt in Kürze: Noch in diesem Jahr wollen die Stadtwerke Aachen Biogas aufbereiten und erdgasgleich ins Netz einspeisen.
Genau dies ist die Technik, die förderwürdig ist. Wir brauchen endlich ein Gaseinspeisegesetz; ein Gesetz, das – ähnlich dem Erneuerbare-Energien-Gesetz im Elektrizitätsmarkt – auch im Gasmarkt der Ökoenergie kostendeckende Vergütungssätze garantiert. Oft wurde es diskutiert, aber immer wieder auf Eis gelegt.
Eine explizite Förderung von Biotreibstoffen im Verkehr wäre damit zwar nicht gegeben. Doch die ist ohnehin nicht sinnvoll. Schließlich ist es dem Klima egal, in welchem Bereich die Bioenergie ihre fossilen Pendants verdrängt – ob bei der Wärmegewinnung, der Stromerzeugung oder im Verkehr. Hauptsache, sie verdrängt möglichst viel von ihnen. Und genau deswegen dürfen landwirtschaftliche Flächen nicht in großem Stil für ineffizienten Biodiesel genutzt werden.
Hinzu kommt, dass Biogas hervorragend zur etablierten Energietechnik passt. Das gilt auch im Verkehr: Jedes Erdgasfahrzeug kann ohne den geringsten Umbau und ohne Rückfrage beim Hersteller zum Biogasauto werden. Wer hingegen pflanzenölbasierte Treibstoffe einsetzen will, braucht zumindest die Freigabe seines Herstellers (Biodiesel) oder muss sein Fahrzeug umrüsten (Pflanzenöl).
Zudem spricht für das Biogas, dass es die gut entwickelte Erdgas-Infrastruktur in Deutschland nutzen kann. Biodiesel jedoch braucht ein eigenes Versorgungssystem, sofern man ihn nicht (was nur zu wenigen Prozenten geht) dem mineralischen Diesel beimischt. Ein Energieträger aber, der erst noch eine eigene Versorgungsstruktur aufbauen muss, wird sich nur zögerlich etablieren lassen – und diese Zeit bleibt nicht mehr angesichts des Klimaproblems. Womit auch Planspiele um Bioethanol-Autos nicht zielführend sind, weil für sie ein komplett neues Versorgungsnetz aufgebaut werden müsste. Ethanol als Treibstoff wird folglich allenfalls ein Nischenprodukt bleiben – was übrigens gar nicht verkehrt ist, weil die Produktion von Ethanol auch energetisch ungünstiger ist als die Biogaserzeugung.
Bleiben die Produkte, die unter dem Namen BtL laufen, was für „Biomass-to-Liquid“ steht, auch „Sunfuel“ oder „Biotrol“ genannt. Hier wird Biomasse vergast, um das entstehende Gas anschließend zu verflüssigen. Tatsächlich hat auch dieses Verfahren Vorteile gegenüber dem Rapsöl: Die Hektarerträge sind größer, weil die gesamte Pflanze genutzt wird. Man kann vielfältige Rohstoffe nutzen, bis hin zu Stroh und vor allem Holz. Der Vertrieb dieses „Designerkraftstoffs“ kann ohne Einschränkungen über die etablierte Mineralölschiene erfolgen. Und der Stoff verbrennt sauberer als mineralischer Diesel und auch Biodiesel. Fraglich ist jedoch, wie teuer solcher Sprit künftig sein wird. Und auch seine Umwelt- und Energiebilanz ist nicht ganz unstrittig.
Nüchtern betrachtet liegt damit das Fazit auf der Hand: Biogaserzeugung ausbauen, BtL beobachten und den Rest der Biotreibstoffe als Nischenprodukte abhaken.
Kritiker werden nun einwenden, man dürfe die verschiedenen Bioenergien nicht gegeneinander ausspielen, sondern müsse sie in ihrer gesamten Vielfalt nutzen. Doch dabei dürfen zwei Dinge nicht verwechselt werden: Botanische Vielfalt, also die Nutzung unterschiedlichster Energiepflanzen, ist unbedingt erstrebenswert. Eine Vielfalt an technischen Verfahren aber ist dann unsinnig, wenn sich eines der Verfahren als deutlich überlegen erwiesen hat.
BERNWARD JANZING