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Archiv-Artikel

Größte Steuererhöhung beschlossen

Mehrwertsteuer steigt auf 19 Prozent. Minijobs werden für Firmen teurer. Weniger Weihnachtsgeld für Bundesbeamte

BERLIN taz ■ Es ist die größte Steuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublik: Ab 2007 steigt die Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent, was 18,1 Milliarden Euro jährlich in die Staatskassen spülen soll. Gestern hat der Bundestag dieses Projekt abgesegnet. Der Bundesrat wird sich vermutlich am 16. Juni mit dem Gesetz befassen; doch schon gestern signalisierten verschiedene Ministerpräsidenten, dass sie zustimmen wollen.

Die Steuererhöhung ist umstritten. Die sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten, dass der Konsum im ersten Quartal 2007 um fast 6 Prozent einbricht.

Die erhöhte Mehrwertsteuer ist nur ein Teil des „Haushaltsbegleitgesetzes“, das gestern verabschiedet wurde. 2007 steigt auch die Versicherungssteuer von 16 auf 19 Prozent. Ab einem Stundenlohn von 25 Euro entfällt außerdem die Steuerfreiheit von Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen. Bei den Minijobs erhöhen sich die Pauschalabgaben von 25 auf 30 Prozent, die der Arbeitgeber abführen muss. Das Weihnachtsgeld für Bundesbeamte wird bis 2010 halbiert. Der Bahn-Regionalverkehr erhält weniger Geld – die Zuwendungen werden „neu festgesetzt“. Im Gegenzug soll der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 auf 4,5 Prozent sinken.

Gestern befasste sich der Bundestag in erster Lesung auch mit dem „Steueränderungsgesetz“. Kernpunkte: Die Pendlerpauschale wird abgeschafft. Künftig soll das „Werkstorprinzip“ gelten – der Weg zur Arbeit wird als Privatangelegenheit betrachtet. Um Härtefälle zu vermeiden, wurde aber ein „staatlicher Gnadenakt“ beschlossen, wie es die SPD-Fraktion nennt: Ab dem 21. Kilometer gibt es 30 Cent pro Kilometer.

Das Steueränderungsgesetz sieht auch vor, den Sparerfreibetrag zu halbieren – für Ledige auf 750 Euro und für Verheiratete auf 1.500 Euro pro Jahr. Bei einem Zinssatz von 2,5 Prozent müsste ein Lediger ab einer Spareinlage von 30.000 Euro Steuern zahlen. Häusliche Arbeitszimmer können nur noch abgesetzt werden, wenn sie „den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bilden“. Lehrer verlieren damit diese Möglichkeit der Steuerminderung.

Auch eine „Reichensteuer“ wird eingeführt. Topverdiener ab 250.000 Euro müssen einen Spitzensteuersatz von 45 Prozent zahlen. Kindergeld oder Kinderfreibetrag können maximal bis zum 25. Lebensjahr beansprucht werden.

Das Steueränderungsgesetz soll Bund, Ländern und Gemeinden 2007 rund 2,1 Milliarden Euro mehr bescheren. Bis 2009 werden 5,6 Milliarden Euro jährlich erwartet. Das Gesetz soll noch vor der Sommerpause im Bundestag beschlossen werden; der Bundesrat soll dann am 7. Juli folgen. ULRIKE HERRMANN