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Archiv-Artikel

Die Ankunft der Antilopen

Als erste WM-Gäste im Norden bezogen am Samstag die Angolaner in Celle Quartier. Die Anreise wurde heftig gefeiert, aber in Zukunft werden die afrikanischen Kicker nicht oft in Celle zu sehen sein

von Lukas Sander

„Es flog ein Flugzeug und auf den Flügeln stand: Angola ist Weltmeister“. Diesen Text singen die angolanischen Fußball-Fans, die am Sonnabend ins niedersächsische Celle gekommen sind, um die Ankunft ihres Nationalteams zu feiern. Am Mittag war die Mannschaft in Hannover gelandet. Von dort aus ging es ins Hotel „Celler Tor“, wo die “Schwarzen Antilopen“ – wie sich die südwestafrikanische Kicker nennen – so lange wohnen, wie sie bei der WM dabei sind.

Fußball-Fan Emanuel kommt aus Angola, lebt schon seit Jahren in Düsseldorf und hat an diesem Wochenende in Celle nur gute Erfahrungen gemacht: „Die Deutschen sind freundlich und laufen mit angolanischen Flaggen durch die Gegend“, sagt er. Die „Tourismus-Region Celle“ hat für die Willkommens-Party mehrere tausend Fähnchen verteilt. Den ganzen Nachmittag übt der Moderator mit 2.000 Fußballbegeisterten, wie man damit richtig winkt.

Drei Stunden Verspätung haben die Angolaner, und die Menge muss bei Laune gehalten werden: Akrobatik-Vorführungen, Tanz und Musik stehen auf dem Programm. Die Gruppe „Dircy“ aus Angola tanzt zu stampfenden Elektronik-Rhythmen. Einer der Tänzer trägt einen Tarnanzug und unwillkürlich denkt man an den Bürgerkrieg, der über Jahrzehnte in dem westafrikanischen Land getobt hat.

Angola-Fan Emanuel und seine Freunde haben kein Problem, die lange Wartezeit bis zur Ankunft ihres Teams zu überbrücken – sie feiern ausgelassen. Andere Celler sind weniger begeisterungsfähig: Es schüttet wie aus Kübeln an diesem Nachmittag, und die Angolaner sollten schon lange auf der Bühne stehen, um sich von den Gastgebern feiern zu lassen. An den Imbissbuden erklären sich die Versammelten gegenseitig, dass die Afrikaner es mit der Zeit nicht so eng sähen und nun mal eine andere Mentalität hätten.

Olaf Handloegten, Entwicklungshelfer und in Celle nun WM-Berater für angolanische Kulturfragen, sagt, die Angolaner „erwarten eine perfekte Organisation, ohne sich selbst allzu groß einzubringen“. Auch soll es Ärger um ein Freundschaftsspiel in Celle gegeben haben. Gegen eine Auswahl von lokalen Fußball-Größen wollten die Angolaner nur gegen ein Honorar antreten: 22.000 Euro kostet die Stadt das Spiel am kommenden Donnerstag. Das Spiel wird eine der wenigen Gelegenheiten sein, zu denen die Celler ihre Gäste zu Gesicht bekommen können. Denn den Trainingsplatz musste die Stadt blickdicht absperren. So will es die FIFA.

Nun aber stehen die angolanischen Nationalspieler erst einmal auf der Bühne in der Celler Innenstadt. Die Fußballprofis wirken sichtlich gerührt von dem Willkommensaufgebot. Sie ahnen kaum, dass es hier seit Wochen kein wichtigeres Thema als die WM-Gäste gab. „Wir fühlen uns sehr geehrt über diese Geste“, bedankt sich Mannschaftskapitän Fabrice Akwa.

Ob das erste Spiel – ausgerechnet gegen die ehemalige Kolonialmacht Portugal – besonders wichtig für die Angolaner ist, will der Moderator wissen. „Wichtig ist uns, dass wir möglichst weit kommen, zumindest über die Vorrunde“, antwortet der Kapitän. Dann geht es streng abgeschirmt von der jubelnden Menge zurück ins Mannschaftshotel.

Im „Celler Tor“ spricht man mittlerweile ein bisschen Portugiesisch, vom Zimmermädchen bis zur Managerin haben alle in den letzten Wochen fleißig die Sprache gebüffelt. Auch die Küche ist komplett auf Angola getrimmt: Im Kühlraum liegen Red Snapper, Papageienfische und Victoriabarsche. „Alle Spieler haben gleich große Zimmer bekommen“, sagt Hotel-Chefin Susanne Ostler. Denn darum soll es doch nun wirklich keinen Streit in der Mannschaft geben.