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Archiv-Artikel

Echte Krokodilstränen

Nicht gegendarstellungsfähig: Jony Eisenbergs juristische Betrachtungen. Heute: die „BND“-Affäre

Vier Aspekte an der ausgeweideten BND-„Affäre“ um das Engagement von „Journalisten“ verdienen auch heute noch Aufmerksamkeit: Hansjörg Geiger war von 1996 bis 1998 BND-Präsident, danach Staatssekretär im Bundesjustizministerium. Vorher war er Vize der Stasi-Aktenbehörde und einer der Autoren des Gesetzes für diese Behörde. Eines der Ziele des Stasi-Unterlagengesetz war, dass die Behörde über die Gefahren, die von den Geheimdienstaktivitäten des MfS ausgegangen waren, forschen und das Publikum unterweisen sollten.

Bei Geiger selbst scheinen diese Unterweisungen keinen rechten Bildungserfolg erzielt zu haben. Journalisten als Spitzel: „Journalist“ ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Viele der „Journalisten“, die jetzt auffällig und genannt werden, waren seit langem als Notdurftverwerter durchgestochener Informationen Deutscher Sicherheitsbehörden notorisch. Keiner, der bei Sinnen war, hätte vermutet, dass sie die Sicherheitsbehörden mit Geldzahlungen zu den Durchstechereien bewegt haben. Nachrichtenhandel ist vielmehr stets ein Geschäft auf Gegenseitigkeit.

Das sind echte Krokodilstränen, die über den Beleg für diese Binsenweisheit nun vergossen werden. Und dass Geheimdienste keine Nachrichten von – ausgerechnet – Nachrichtenhändlern erwerben dürfen, nur weil sie sich Journalisten nennen, habe ich bis zum Beginn dieser Affäre nicht gewusst.

Differenzierte Betrachtung fordern die Betroffenen jetzt, und dass der Inhalt der Geheimdienstarchive nicht die Wahrheit der Beziehungen der Betroffenen zum Geheimdienst darstelle. Mir liegt noch in den Ohren, wie wenig weit die Figuren gekommen sind, die in den Archiven der DDR-Geheimdienste gefunden worden sind und deren Unwahrhaftigkeit für sich reklamierten.

Viertens treibt mich die Frage um, wen ein deutscher Geheimdienst moralisch unbedenklich als Quelle nutzen darf: Anwälte und Juristen (–); Ärzte, Apotheker (–); Politiker (–); Polizisten (–), weil aufgrund schlechter deutscher Erfahrungen bekanntlich Polizei und Geheimdienste strikt getrennt halten werden müssen; Quellen aus Staaten in denen in rechtstaatlich anfechtbarer Weise vernommen oder ermittelt wird (–). Bäcker, Metzger, Schuhmacher? Nein. Wer will schon von Spitzeln bedient werden.

Unser Autor ist Rechtsanwalt und Strafverteidiger in Berlin.