: Ein Sonderausschuss gegen den Stillstand
PARLAMENT Bundestagspräsident Lammert will ein Übergangsgremium zur Beratung von Anträgen. Linke dagegen, Union und SPD dafür
BERLIN taz | Vor knapp zwei Monaten wurde der neue Bundestag gewählt, doch wegen der ungewöhnlich langen Koalitionsverhandlungen hat er seine Arbeit bisher kaum aufgenommen. Die Ausschüsse, also die wichtigsten Arbeitsgremien, sind noch immer nicht gebildet. Ein Antrag der Linksfraktion auf vorzeitige Eindetzung von neun Ausschüssen wurde am 18. November abgelehnt.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) reagiert jetzt mit einem ungewöhnlichen Schritt auf die anhaltende Kritik der Opposition an der Bundestagsblockade. In der Plenarsitzung am 28. November soll die Einsetzung eines Sonderausschusses beschlossen werden, der etwa 40 bis 42 Abgeordnete umfasst. Damit sollen Mandatsverlängerungen der Bundeswehr und andere „beratungsbedürftige Gegenstände“ besprochen werden können. Die Konstituierung der ständigen Ausschüsse ist erst für die erste Sitzungswoche im neuen Jahr (13. bis 17. Januar) geplant. Auch mit Petitionen soll sich der Sonderausschuss befassen.
Während Union und SPD hinter der Einsetzung des Sonderausschusses stehen, lehnte die Linksfraktion ab: „Union und SPD amputieren das Parlament“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin Petra Sitte. Der Sonderausschuss könne nicht „die grundgesetzlich vorgeschriebenen Ausschüsse ersetzen“, so Sitte. „Die große Mehrheit der Abgeordneten hätte mangels regulärer Plenarsitzungen kaum Möglichkeiten zur Mandatsausübung.“
Bei den Grünen twitterte ihr Abgeordneter Volker Beck: „Hauptausschuss hat was von Notparlament. Haben wir eine Staatskrise?“
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU, Michael Grosse-Brömer, verteidigte dagegen den Ausschuss: „Es ist eine hervorragende, umfassende und praktikable Lösung für die letzten Wochen bis zur Bildung der neuen Regierung. Damit wappnen wir den Bundestag für die Phase des Übergangs“, sagte er. Lammert kündigte an, dass sich der Ausschuss in der Woche vom 2. bis 6. Dezember mit Gesetzentwürfen der Grünen und den Anträgen der Bundesregierung zur Mandatsverlängerung von Bundeswehreinsätzen befassen soll. MARTIN REEH