: In Bremen geht der Streik weiter
Weil ver.di-Chef Frank Bsirske mit dem klammen Bremen gesonderte Tarifverhandlungen abgemacht hat, stellt sich nun die Polizeigewerkschaft quer: Zulassungsstelle, Melde- und Ausländeramt bleiben im Streik
In Bremen wird weiter gestreikt. Trotz Tarifeinigung im öffentlichen Dienst der Länder werden in Bremen die Kfz-Zulassungsstelle, das Ausländeramt und die Meldestelle weiter geschlossen bleiben. Der Grund: ein Handel zwischen ver.di-Chef Frank Bsirske und dem Bremer Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos), dessen Folgen gestern noch niemand abschätzen wollte.
Damit Nußbaum dem Tarifkompromiss zustimmt, hatte ihm Bsirske in einem Brief zugesagt, angesichts der Bremer Haushaltsnotlage mit dem kleinsten Bundesland „über zeitlich befristete Sonderregelungen“ zu verhandeln. Das heißt: Zur Belohnung für seine Zustimmung soll das klamme Bremen nicht alle Kosten der Tarifeinigung tragen müssen – wie genau diese Extra-Einigung aussehen soll, muss noch verhandelt werden. Die Gespräche sollen noch im Juni beginnen und bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.
Wo Bremen sparen darf, zeichnet sich bereits ab: Es werde nicht um Arbeitszeiten – in Bremen künftig 39,3 Wochenstunden – gehen, hieß es gestern. Bleiben nur noch Weihnachts- und Urlaubsgeld, die künftig „Sonderzahlungen“ heißen. Bestätigen wollte das gestern niemand, weder ver.di noch Nußbaums Sprecher. Auch wie viel Bremen die Tarifeinigung kosten wird, soll erst heute feststehen. Finanzsenator Nußbaum zeigte sich über Bsirskes Zusage „erfreut“.
Nicht erfreut zeigten sich die, die nach eigenen Angaben „die Hauptlast des Streikes“ trugen: die rund 140 Beschäftigten von Zulassungsstelle, Ausländeramt, Verkehrsüberwachung und Bürgerservicecenter (Meldestelle), die traditionell in der Gewerkschaft der Polizei (GdP) organisiert sind. Während ver.di Bremen bis zum Ende der Urabstimmung am Freitag die Streiks aussetzt, verkündete die Bremer GdP-Vorsitzende Horst Göbel: „Wir werden weiter streiken und zumindest die Urabstimmung abwarten.“ Man stimme über keine Einigung ab, deren Inhalte noch nicht feststünden.
Der GdP-Streik trifft den Bremer Nerv empfindlich. Schon im April rühmte sich die Gewerkschaft, mit der Zulassungsstelle halte sie „eine Schlüsselstellung im Streik“. Autobesitzer, die ihr Fahrzeug anmelden wollen, müssen nachts um drei nach einer der begehrten Wartenummern anstehen, mehr als 1.000 Händleranträge blieben bereits im April liegen. Auch vor Ausländeramt (taz berichtete) und Bürgerservicecenter gibt es kaum eine Chance durchzukommen.
Das Tarif-Ergebnis an sich, so Horst Göbel gestern, „würden unsere Mitglieder schon mittragen.“ Aber was die von Bsirske zugesagten Sonderverhandlungen angeht, so sei man skeptisch. Das zu sagen, „mag taktisch klug oder unklug sein“, so Göbel, „aber es gehört sich einfach.“
Ansonsten zeigten sich ver.di und die Bremer Politik gestern in schönster Einigkeit: Kita-Erzieherinnen überreichten Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen einen Blumenstrauß – für sie bleibt es bei der 38,5-Stundenwoche. Und ein Verdi-Vertreter erklärte für die restlichen Beschäftigten, das Ergebnis sei zwar „kein Grund zum Jubeln“, aber: „wir akzeptieren es“. sgi