: Sayan-Überfall: Polizei tappt im Dunkeln
Drei Tage nach dem mutmaßlich rassistischen Übergriff auf den PDS-Politiker Sayan hat die Polizei das Opfer erstmals vernehmen können. Unterdessen geht die Debatte um No-go-Areas weiter. Grüne fordern Runden Tisch gegen rechts
Drei Tage nach dem mutmaßlich fremdenfeindlichen Überfall auf den PDS-Abgeordneten Giyasettin Sayan hat die Polizei nach eigenen Angaben noch keine heiße Spur von den Tätern. Der 56 Jahre alte Migrationsexperte der Linkspartei-Fraktion war seinen Angaben zufolge am Freitagabend nach dem Verlassen seines Autos in der Nähe des S-Bahnhofs Lichtenberg im Ostteil der Stadt von zwei Männern ausländerfeindlich beleidigt und mit einer Bierflasche schwer verletzt worden. Er liegt im Krankenhaus. Gestern wurde er erstmals von den Ermittlern zum Tathergang befragt – anderthalb Stunden lang.
„Die Befragung war schwierig. Das Opfer ist noch sehr angeschlagen und geschwächt“, sagte Polizeisprecher Bernhard Schodrowski. Bisher hätten sich mehrere Zeugen gemeldet, es gebe aber noch „keine wirklich durchschlagenden Hinweise“. Auch die von Sayan als Tatwaffe genannte Flasche ist noch nicht gefunden worden. Die Polizei appelliert deshalb weiter an Zeugen, sich zu melden.
Unterdessen forderten die Grünen einen Runden Tisch gegen Rechtsextremismus. Die Grünen-Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhauswahl, Franziska Eichstädt-Bohlig, lud die Vorstände der anderen Parteien sowie Vertreter von Vereinen zu Gesprächen ein.
Erst in der vergangenen Woche hatte der ehemalige Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye eine heftige Debatte ausgelöst, als er dunkelhäutige WM-Touristen vor rechtsextremen Schlägern in Ostdeutschland warnte und einige Gegenden als No-go-Areas bezeichnete. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) forderte als Reaktion auf den Übergriff einen „Aufstand der Anständigen“. Seiner Meinung nach gibt es in Berlin aber keine No-go-Areas – auch wenn er einräumte, dass es Orte gebe, die unterschiedlich sicher seien.
Anders sieht das Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS). „Die Gewalttat gegen den PDS-Abgeordneten belegt Heyes Äußerung“, sagte sie der taz. Knake-Werner forderte „deutliche Signale aus der Politik gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus“. Wichtig sei auch eine „harte Strafverfolgung“.
Der Integrationsbeauftragte des Senats, Günter Piening, nannte den Begriff „No-go-Areas“ falsch gewählt. „Ich würde nicht von Regionen, sondern von Situationen sprechen.“ Viele Menschen anderer Hautfarbe hätten das Gefühl, sich nicht frei bewegen zu können.
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) kündigte an, er werde sich in Kürze mit der Lichtenberger Bezirksbürgermeisterin Christina Emmerich (Linkspartei) treffen. Er wolle ausloten, wie der Senat die Anstrengungen des Bezirks im Kampf gegen den Rechtsextremismus unterstützen könne. dpa, ddp, taz