: Barockes Streichkonzert
SPARKURS Der SWR will Orchester fusionieren
Der öffentlich-rechtliche Sender SWR schaltet und waltet im Südwesten ein wenig wie weiland ein fürstlicher Mäzen des Barock. Der Sender unterhält zwei Sinfonieorchester in Baden-Württemberg, beteiligt sich an denen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland und leistet sich nebenher noch ein Vokalensemble sowie eine Big Band. Dass es so nicht weitergehen würde, steht schon lange fest. Wie es nun genau weitergehen soll, ruft allerdings schärfsten Protest hervor.
Intendant Peter Boudgoust will angeblich sparen, indem er die beiden Orchester von Stuttgart sowie Freiburg und Baden-Baden zusammenlegt. In einem offenen Brief wandten sich nun 160 ehemalige Dirigenten gegen die Maßnahme, kurz darauf folgten 148 Komponisten.
Die geschlossene Front der Gegner sträubt sich vor allem gegen das in Aussicht gestellte „Fusionsorchester“ aus den Resten der beiden aufgelösten Klangkörper. Kein Dirigent sei in der Lage, „auf absehbare Zeit aus den zwangsfusionierten Musikern einen Klangkörper zu formen“. Auch sei der geplante Standort des neuen Orchesters – Stuttgart – ein ungutes Zeichen für kulturellen Zentralismus, die Konzentration auf die Landeshauptstadt. Verloren ginge demnach nicht nur ein extrem professionelles Ensemble für komplexe und anspruchsvolle Neue Musik. Geschwächt würde auch die pädagogische Arbeit der Orchester, die mit Kammerkonzerten und Schulprojekten eine wertvolle kulturelle Arbeit leisteten.
Tatsächlich würden nur 80 Planstellen vor allem beim sehr jungen Orchester in Freiburg und Baden-Baden eingespart, was nach internen Berechnungen hinsichtlich möglicher Abfindungen wesentlich teuerer wäre, als die beiden Orchester weiterzubetreiben – schon wird erwogen, eines davon in eine Stiftung zu überführen und so zu retten.
Hinzu kommt, dass nach der Rundfunk-Gebührenreform die Einnahmen für den SWR eher mehr als weniger werden, also eigentlich keine finanzielle Zwangslage besteht – zumal alle musikalischen Engagements des Senders insgesamt gerade mal ein Prozent des kompletten Etats von einer runden Milliarde Euro „verschlingen“. Was soll das also?
Das Gerede von den Einsparungen verschleiert den wahren Grund – und die wahre Gefahr – für die Maßnahme. Boudgoust hat in einem offenen Brief betont, er sehe in der „Unterhaltung von Orchestern“ nicht seine Aufgabe. Damit interpretiert er den staatlichen Auftrag, „Beiträge insbesondere für Kultur anzubieten“, im Sinne der Kommerzialisierung radikal neu. Gestärkt wird, was Quote bringt. Aus Kreisen der Orchester heißt es: „Da wird jeder andere Sender in Deutschland sehr genau mitschneiden, wie das ausgeht. Das setzt einen Dominoeffekt in Gang, den man nicht wird stoppen können“. ARNO FRANK