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Archiv-Artikel

Mieses Essen gelabelt

Neues Informationssystem: Klebt auf der Restauranttür ein trauriger Smiley, sollte der Gast weitergehen

STOCKHOLM taz ■ Wem bei seiner Schwedenreise demnächst ein roter Aufkleber an der Restauranttür auffällt, sollte das Lokal wechseln: Der Smiley mit heruntergezogenen Mundwinkeln zeigt, dass der Besitzer es nicht so genau nimmt mit der Hygiene – und den Lebensmittelkontrolleuren aufgefallen ist. Das Smiley-System soll es ab dem kommenden Jahr in Schweden geben. Die Hoffnung: Die Kunden meiden die schmuddeligen Imbissbuden und Gaststätten. So lohnen sie nicht mehr. Die Betriebe werden sauberer.

Damit macht Schweden vor, was sich Verbraucherschützer in Deutschland schon seit langem wünschen: Kunden sollen wissen, wer pfuscht und betrügt. Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) hat zwar ein Verbraucherinformationsgesetz auf den Weg gebracht. Doch es ist so formuliert, dass Namen unseriöser Geschäftsleute auch künftig Geheimsache bleiben. Schweden hingegen tadelt öffentlich, lobt aber auch.

Ein Wirt, der sich nichts zuschulden kommen ließ, darf sich einen goldenen Teller mit lachendem Smiley an die Scheibe kleben. Und ein Smiley-Lächeln auf einem Silberteller heißt: nur kleine Beanstandungen. Im Lokal muss das Kontrollergebnis in allen Einzelheiten öffentlich gemacht werden. Die Informationen können auch auf den Internetseiten der Stadtverwaltung nachgelesen werden.

Die schwedische Verbraucherministerin Ann-Christin Nykvist erklärt: „Der Verbraucher soll selbst entscheiden, ob ihm ein Restaurant sauber genug ist.“ Die Regierung werde mangelnde Hygiene und ungenießbare Lebensmittel nicht mehr einfach hinnehmen.

Viele Wirte finden die Idee gut. Die schwedische Branchenorganisation des Hotel- und Restaurantgewerbes aber kritisiert, das System sei nicht objektiv genug. Der eine Kontrollbeamter stufe einen Verstoß womöglich als schwerwiegend ein, der Kollege bezeichne ihn aber nur als Kleinigkeit. Ministerin Nykvist kündigte jedoch bereits klarere Richtlinien an. Sie argumentiert zudem, dass der laxe Umgang mit den Hygienevorschrift den Wettbewerb verzerre: „Jetzt verdient doch, wer es mit den Bestimmungen nicht so genau nimmt.“ Schwarze Schafe würden abgeschreckt, davon sind auch Lebensmittelkontrolleure überzeugt. In Dänemark hat sich ein ähnliches System längst bewährt. REINHARD WOLFF