: Schuld sind immer die anderen
JUNGE FLÜCHTLINGE
Ralf Holzschuher ist gut vorbereitet, als er am Freitag auf Anfrage der Grünen ans Rednerpult im Brandenburger Landtag tritt. „Die Vorwürfe treffen nicht zu“, liest der SPD-Innenminister vom Blatt ab. Holzschuher räumt zwar ein, dass bei der Feststellung des Alters von jungen Flüchtlingen Fehler gemacht worden seien – aber nur in anderen Bundesländern, also bevor sie ins brandenburgische Eisenhüttenstadt kamen. Schuld hätten die anderen.
Seit Dienstag hat die taz mehrmals über Vorfälle in der Erstaufnahmestelle in Eisenhüttenstadt berichtet. 14 somalische Flüchtlinge werfen der dortigen Ausländerbehörde vor, ihre Minderjährigkeit nicht anzuerkennen. Stattdessen habe diese nach ihrer Ankunft Papiere mit neuen Geburtsdaten ausgestellt und sie flugs für volljährig erklärt – obwohl einige von ihnen Geburtsurkunden vorlegen konnten. Auch das zuständige Jugendamt, das die Jugendlichen laut Gesetz in Obhut nehmen muss, bis das tatsächliche Alter geklärt ist, wurde nicht oder erst viel später hinzugezogen.
Mit dem Verweis auf die anderen Bundesländer macht es sich der Innenminister zu einfach. Brandenburg sollte deren Altersangaben nicht einfach übernehmen, sagt Niels Espenhorst vom Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BUMF): „Die Flüchtlinge geben an, dass sie minderjährig sind – das ist, was zählt.“
Holzschuher hofft wohl, dass mit seiner Erklärung der Fall erledigt ist. Doch in der nächsten Woche legt der BUMF seinen Bericht über die Situation minderjähriger Flüchtlinge vor. Dabei kommt Brandenburg, wie bereits durchsickerte, nicht sonderlich gut weg. Und auch Holzschuhers Aussage im Landtag, dass nur das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die rechtsgültigen „Aufenthaltsgestattung“ mit den umstrittenen Geburtsdaten ausstellt, ist falsch: Nach taz-Informationen hat zumindest bei einigen Jugendlichen die Ausländerbehörde die Ausweise ausgestellt. Weiß da ein Minister nicht, was in seiner Behörde passiert? KERSTEN AUGUSTIN