Jukebox

Wenn einer die Liebe retten könnte, dann Balavoine

Chanson tritt immer gleich auf, denkt man: bärtige Barden und schwarz gekleidete Damen, Gitane und Rotwein, schwermütig und zeitlos weil existenzialistisch – aber sicher nicht so, wie Daniel Balavoine in seinem Album „Sauver L’Amour“. In Schlabberhosen und XXL-Blazer posiert der Sänger auf den Fotos im Booklet, steht mit seinen Musikern vor Schaufenstern, die Kollegen nicht weniger aufgebrezelt als er selbst. Entsprechend ist auch das Album-Cover gestaltet: Die eine Hälfte eine glitzernd graue Fläche, die andere zeigt Balavoines rechte Gesichtshälfte – bemerkenswert daran der dezente Vokuhila. Die Musik hält, was die Aufmachung verspricht: Vom blechernen Klatschen bis zum Echo sind die Stücke mit allen möglichen Synthesizereffekten durchsetzt, die Background-Sängerinnen fiepsen bemerkenswert unauffällige Harmonien. Und Balavoines Stimme ist so penetrant hoch, dass er, bei all den Effekten, manchmal wie Micky Mouse klingt.

Seit seinem Auftritt in der Rock-Oper „Starmania“ 1978 war Daniel Balavoine ein Star in Frankreich und Sprachrohr der Jugend; mit „Sauver L’Amour“ erschien Mitte der 1980er-Jahre bereits sein zehntes Album. So sehr der Stil und die Musik schlecht sitzenden Hedonismus ausstrahlen: Balavoines Texte sind kritisch und politisch und damit ganz in klassischer Chansontradition. In „Sauver L’Amour“ singt er gegen das Elend der Welt an. Fragt, wer denn noch handelt, um echte Bedürfnisse zu befriedigen und nicht nur aus Gier. Wer denn noch die Liebe retten könne, und wo der Retter bleibt. In „Petit Homme Mort Au Combat“ geht es um Kindersoldaten: „Ein Kind fixiert das Nichts / Man kann sehen, dass es keine Zeit hatte / zu erkennen, woher der Schmerz kam / Welcher Gott könnte das gewollt haben?“ Das Lied „Un Enfant Assis Attend La Pluie“ handelt vom Hunger in Eritrea. Balavoine arbeitete selbst aktiv in der Entwicklungshilfe für Afrika mit. 1986 flog er nach Dakar, um den Wüstenbewohnern Wasserpumpen zu bringen. Doch der Helikopter stürzte ab und Balavoine kam dabei ums Leben. „Sauver L’Amour“ war sein letztes Album. AE