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Archiv-Artikel

Kampftruppen landen in Osttimor

1.300 australische Soldaten sollen in Osttimor einen Krieg zwischen Armee und Aufständischen verhindern. Der Rebellenführer diente zuletzt in Australiens Marine

CANBERRA taz ■ Australische Truppen sind gestern in Osttimor gelandet, um einen drohenden Bürgerkrieg zwischen der dortigen Armee und einer Gruppe aufständischer Soldaten zu verhindern. 130 Elitesoldaten landeten am späten Nachmittag auf dem Flughafen von Dili, begleitet von zwei Kampfhubschraubern. Die Truppe ging sofort in Stellung und sicherte die Anlage gegen mögliche Rebellenangriffe. Hunderte Bewohner der osttimoresischen Hauptstadt jubelten den Einsatzkräften zu. Auf einem australischen Kriegsschiff befanden sich gestern weitere 200 Soldaten auf dem Weg nach Osttimor. Wie der australische Premierminister John Howard in Canberra bekannt gab, soll die Truppenstärke im Verlauf der nächsten Tage auf 1300 Mann steigen.

Mit der spektakulären Intervention reagierte Australien auf eine Bitte der osttimoresischen Regierung. Sie fürchtet den Ausbruch eines Bürgerkrieges, nachdem rund 600 von der Regierung entlassene Soldaten Ende April begonnen hatten, Einrichtungen des Militärs und der Polizei anzugreifen. Auch gestern war es im Gebiet der Hauptstadt zu schweren Gefechten gekommen. Berichten australischer Medien zufolge sollen bei Scharmützeln zwischen den Rebellen und den restlichen 900 Soldaten der osttimoresischen Armee mindestens 20 Menschen getötet worden sein. Die entlassenen Soldaten werfen der Regierung vor, sie habe bei Beförderungen in der Armee gegen bestimmte Volksgruppen diskriminiert. Außerdem seien Entlohnung, Unterkunft und Verpflegung unzureichend gewesen.

Hunderte von Bewohnern Dilis brachten sich auch gestern wieder vor den Kämpfen in Flüchtlingslagern in den Randgebieten der Stadt in Sicherheit. Beobachter sprechen von völlig überfüllten Anlagen. Auch Kirchen dienen als Schutz vor Angriffen durch die offenbar schwer bewaffneten Aufständischen. Hunderte von ausländischen Bewohnern Osttimors wurden in die etwa 600 Kilometer entfernte nordaustralische Stadt Darwin evakuiert.

Major Alfredo Reinardo, der Führer der Aufständischen, erklärte, der Groll seiner Anhänger richte sich nicht gegen Präsident Xanana Gusmao, sondern gegen die von Premierminister Mari Alkatiri geführte Regierung. Die repräsentiere „kommunistische Kräfte im Land“. Er werde ausschließlich mit dem Präsidenten über die Niederlegung der Waffen verhandeln, so Reinardo, der sich in den Hügeln hinter der Hauptstadt versteckt hat. Die Ankunft australischer Truppen begrüße er: „Ich möchte ihnen die Hand schütteln.“

Dazu könnte es schon in den nächsten Tagen kommen. Laut der australischen Regierung soll alles daran gesetzt werden, die Rebellen und die osttimoresische Regierung möglichst rasch zu Friedensgesprächen an einen Tisch zu bringen.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass Reinardo unter den australischen Truppen ehemalige Kameraden wiedererkennen wird. Der Kommandant hatte in den letzten zwei Jahren an der australischen Militärakademie in Canberra Seminare besucht. Außerdem diente er mit der australischen Marine in Darwin als Beobachter. Das kam im Rahmen eines militärischen Kooperationsprogramms zwischen Osttimor und Australien zustande.

Die ehemalige portugiesische Kolonie Osttimor war 1975 von indonesischen Truppen besetzt und 24 Jahre lang brutal unterdrückt worden. Mindestens 200.000 Bewohner sollen in dieser Zeit von indonesischen Soldaten ermordet worden sein. Die Guerilla-Gruppe Falantil kämpfte unter Xanano Gusmao gegen die Besatzer. 1999 entschied sich die Bevölkerung in einer von den Vereinten Nationen überwachten Abstimmung für die Unabhängigkeit. Der Urnengang wurde von blutigen Gefechten zwischen indonesischen Milizen und Unabhängigkeitsbefürwortern begleitet. Eine Interventionstruppe unter australischer Führung konnte schließlich den Frieden sichern. Danach wurden mehrere der ehemaligen Unabhängigkeitsführer Mitglieder der Regierung, die enge Beziehungen zu Australien unterhält.

URS WÄLTERLIN