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Archiv-Artikel

LESERINNENBRIEFE

Vorzeigerüpel ruft nach hohen Strafen

■ betr.: „Dein Freund und Opfer“, taz vom 27. 5. 10

Überraschend kam das Ergebnis der jüngst erschienen Studie zur zunehmenden Gewalt gegen Polizisten vom Kriminologischen Forschungsinstitut nicht. Ebenso wenig überraschend, der reflexartige Ruf konservativer Hardliner, wie Niedersachsens Innenminister und Vorzeigerüpel Uwe Schünemann, nach höheren Strafen. Steigender Gewalt gegen Beamte muss mit der Härte des Gesetzes begegnet werden, das steht außer Frage. Doch Strafen alleine lösen keine gesellschaftlichen Fehlentwicklungen, sonst müsste man alles nur hoch genug sanktionieren und die Kriminalitätsrate in diesem Land würde zwangsläufig gen null tendieren.

Unsinn! Anstatt sich als „Hardliner“ zu profilieren, sollten lieber endlich mal brauchbare Lösungsansätze vorgelegt werden, wie man Gewalt verhindert, bevor sie überhaupt entsteht, und wie man das Ansehen der Polizei als staatliche Institution entsprechend verbessert. Gewalt ist nicht allein ein polizeiliches, sondern vor allem ein gesellschaftliches Problem. Kurzfristig angesetzter Populismus löste keine Probleme, er kann sie höchstens noch verschärfen. NILS MERTEN, Hannover

Hat nicht geklappt

■ betr.: „Arme Städte, teure Kitas“, taz vom 22./23./24. 5. 10

Also, sehen wir es doch endlich ein: Wir haben kein Geld für Kinder. Es wird doch immer wieder deutlich, nicht nur in diesem Beitrag. Wir haben Milliarden „übrig“, um Banken zu retten oder den Euro. Na ja, für Kinder bleibt da nichts mehr übrig. Lassen wie das Kinderkriegen doch endlich sein. Was soll der Quatsch, wenn die Prioritäten sowieso woanders liegen? Ich bin nahe dem Rentenalter (62) und möchte nicht, dass wir Kinder kriegen, nur damit sie meine Rente finanzieren. Lieber verhungere ich oder hänge mich auf. Verantwortlich dafür, dass wir den Kindern einen Haufen Schulden hinterlassen, fühle ich mich sowieso. Also lassen wir es. Es hat halt nicht geklappt! KLAUS ROCKENFELLER, Neuwied

Reale Machtgefilde

■ betr.: „Koch geht ins Nirwana“,taz vom 26. 5. 10

Roland Koch – wie Friedrich Merz – hat sich keineswegs von der Macht verabschiedet, wie manche Medien melden, sondern wird sich in die realen Gefilde der Macht begeben, um die Wirtschaftsinteressen der Konzerne voranzutreiben. Horst Seehofer hat kürzlich bei „Pelzig“ offen darüber geplaudert, dass er auf bestimmte wirtschaftlich relevante Bereiche, die nicht demokratischen Wahlen unterliegen, kaum Einfluss habe; was Sarah Wagenknecht sogleich entsprechend kommentierte. Koch hat für die Seinen sein Brutalstmöglichstes gegeben auf der politischen Bühne, um nun den Anschein der Macht zu tauschen gegen den Besitz wirklicher Macht, wofür er sich fürstlich entlohnen lassen wird. NORBERT SCHAAF, Koblenz

Kehrtwende im Jugendstrafvollzug

■ betr.: Jugendstrafvollzug

Viele von uns in der JVA Adelsheim fühlen sich zunehmend ohnmächtig gegenüber der Macht des Justizapparats. Gerade in letzter Zeit beobachten wir die schrittweise Rücknahme der mit Einführung des Strafvollzugsgesetzes verbundenen Reformen. Überall findet eine deutliche Kehrtwende in Richtung eines reinen Verwahrungsvollzugs statt. Das gesetzlich vorgeschriebene Vollzugsziel der Resozialisierung rückt in immer verschwommenere Ferne. Mit der Föderalismusreform und der neuen Zuständigkeit der Länder drohen weitere Teile der Reformpolitik außer Acht gelassen zu werden. Es ist traurig, denn die Jugend ist die Zukunft, auch wenn sie mal Fehler macht. ARTUR SCHMIDT, Adelsheim