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Archiv-Artikel

AMERICAN PIE Er hat Knie

AUA Basketballprofi Derrick Rose fehlt den Chicago Bulls schon wieder wegen einer schweren Verletzung. Diesmal ist der Meniskus kaputt

Nach längerem Hin und Her stand die befürchtete Hiobsbotschaft fest. „Heute morgen hat sich Derrick Rose einer Operation zur Reparatur des gerissenen Meniskus im rechten Knie unterzogen und fällt voraussichtlich für den Rest der Saison aus“, twitterten die Chicago Bulls am Montag. Dreit Tage vorher hatte Rose sich Mitte des dritten Viertels im Spiel bei den Portland Trail Blazers ohne Einwirkung eines Gegenspielers verletzt.

Gebrochenes Herz

„Es bricht mir das Herz“, erklärte Bulls-Klubbesitzer Jerry Reinsdorf, und Basketballikone Magic Johnson übermittelte Genesungswünsche: „Ich hoffe, er kann so schnell wie möglich wieder zurückkommen. Es ist eine Freude, ihn spielen zu sehen.“ Die ganze NBA-Gemeinde nimmt Anteil am Schicksal des 25-Jährigen – bereits im April 2012 machte ein Kreuzbandriss im linken Knie des Mannschaftskapitäns alle Titelhoffnungen der hoch eingeschätzten Bulls zunichte.

In der Folge musste Rose 18 Monate lang aussetzen, verpasste so die komplette vergangene Spielzeit. Zeitweise wurde auch Kritik an der als übermäßig lang empfundenen Reha laut. Das ersehnte Comeback fand jetzt vorerst ein tragisches Ende. Nun entschieden sich Spieler und Klubführung für einen komplizierten Eingriff mit mindestens halbjähriger Genesungsphase.

Die Alternative wäre gewesen, den Meniskus vollständig zu entfernen, was eine wohl deutlich schnellere Rückkehr aufs Parkett, aber auch ein langfristig höheres Risiko bedeutet hätte; ohne die nötige Knorpelmasse können Belastungen in den Knien auf Dauer kaum absorbiert werden. „Unser erster Gedanke gilt Derricks Gesundheit“, erläuterte Klubmanager Gar Forman den Schritt. Die nun schon zweite schwerwiegende Knieoperation in noch jungen Jahren lässt viele Fans und Experten verstärkt zweifeln an der Zukunft des so offensivstarken Rose.

Die Liste hoch begabter Spieler, die nach ähnlichen Eingriffen ihre einstige Bestform nicht wiederfinden konnten, ist lang. Schon in den bisherigen Saisonspielen vor der erneuten Verletzung hatte Rose deutliche Anlaufschwierigkeiten, konnte nicht direkt an alte Glanzleistungen anknüpfen.

„Jeder große Spieler dieser Liga hat mal schlechte Tage. Aber umso öfter hat Derrick bisher fantastische Tage für uns gehabt, und er wird sie auch wieder haben“, stellte sich Bulls-Übungsleiter Tom Thibodeau vor seinen Vorzeigespieler. Der gedrungene 55-Jährige mit dem akkuraten Haarschnitt steht seit 2010 dem Klub als Trainer vor. Er hat die Mannschaft zu einem Spitzenteam geformt, und Rose ist sein wichtigster Akteur.

Lokale Berühmtheit

Thibodeau weiß um die Erwartungshaltung in der Stadt, denn bei wohl keinem Spieler ist die emotionale Bindung zum Verein so groß: Rose ist in Chicago geboren, war schon an der High School eine Berühmtheit. Als die Bulls im Draft 2008 dann den Lokalhelden vom Memphis-College zurück in die Heimat holten, schien das Glück vollkommen.

Die Stadt sehnt sich noch immer nach den Glanzzeiten der 90er, als Überspieler Michael Jordan das Team zu sechs Meisterschaften führte. Rose wurde zugetraut, die überlebensgroßen Fußstapfen zumindest ansatzweise zu füllen. Als jüngster Akteur der Liga-Historie gewann Rose bereits 2011 die Auszeichnung zum wertvollsten Spieler der Saison, warf seine Bullen bis ins Halbfinale. Daran wird er heute gemessen.

„Derrick geht es den Umständen entsprechend“, erklärte Thibodeau kurz nach der Operation. „Er denkt schon wieder ans Comeback, ans Team, an seine Mitspieler. Er ist einfach ein großartiger Spieler und Mannschaftskollege.“ Wann und ob Rose das auch wieder auf dem Parkett zeigen kann, ist fraglich.

DAVID DIGILI