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Archiv-Artikel

Deutsche Männer schlagen zu

Am Himmelfahrtstag kam es zu drei ausländerfeindlichen Übergriffen – in Prenzlauer Berg, Wedding und Kreuzberg. Die Vorstellung von No-go-Areas sei falsch, sagt Integrationsbeauftragter Piening

von ALKE WIERTH

Vierzehn Festnahmen gab es am Himmelfahrtstag nach drei rassistischen Übergriffen. Tatorte: Prenzlauer Berg, Kreuzberg und Wedding. Im S-Bahnhof Gesundbrunnen wurde ein aus Guinea stammender Mann von einem 38-jährigen Deutschen beleidigt und mit einem Feuerwerkskörper beworfen. Der Täter wurde kurzzeitig festgenommen.

Am U-Bahnhof Hallesches Tor wurde ein Libanese von neun deutschen Männern ebenfalls mit ausländerfeindlichen Beschimpfungen beleidigt und mit einer Flasche beworfen. Er blieb unverletzt. Die 20 bis 23 Jahre alten Täter wurden festgenommen. In beiden Fällen liegen der Polizei bislang keine Erkenntnisse über mögliche rechtsextreme Motive der Täter vor.

Anders beim dritten Vorfall: Drei Türken und eine Norwegerin waren in der Schönhauser Allee von vier Männern zunächst rassistisch beschimpft, dann angegriffen worden. Ein 29-jähriger Türke musste im Krankenhaus behandelt werden. Drei der zwischen 20 und 46 Jahre alten Täter wurden in der Nähe des Tatorts festgenommen, der vierte am Freitagmorgen in seiner Wohnung. Alle seien „dem äußeren Anschein nach der rechten Szene zuzuordnen“, so Polizeisprecher Uwe Kozelnik. Zwei hätten bereits Gewalt- und Staatsschutzdelikte verübt. Die vier Täter befanden sich bei Redaktionsschluss noch in Polizeigewahrsam.

Für ungewöhnlich hoch hält die Polizei die Zahl der Vorfälle nicht: Sie passe ins Bild der Himmelfahrtstage der vergangenen Jahre, meint Kozelnik. Insgesamt sei die Zahl rechter Gewalttaten in Berlin rückläufig: Von 28 im Jahr 2004 sei sie auf 18 im Jahr 2005 gesunken.

Es bestehe die Gefahr, „dass auch so genannte Normalbürger anfangen, Migranten als Freiwild zu betrachten“, fürchtet dagegen Safter Cinar vom Türkischen Bund Berlin (TBB). Dass Übergriffe nun auch an Orten wie Wedding oder Kreuzberg passierten, sei erschreckend.

Diese Tatorte zeigten, dass die Vorstellung von No-go-Areas Unsinn sei, meint der Integrationsbeauftragte des Senats, Günter Piening: „Rechtsextreme Übergriffe sind kein Phänomen des Ostens.“ Sie könnten jederzeit und überall passieren. „Die Vorstellung, dass wir bestimmte Bezirke abzirkeln können und den Rest als immun gegen Rassismus betrachten, ist absurd.“

In Lichtenberg, wo am Freitag letzter Woche der PDS-Politiker Giyasettin Sayan überfallen und schwer verletzt worden war, fand gestern Abend eine Demonstration gegen Rassismus und rechte Gewalt statt.