: Ein Ökonom für Umweltfragen
Dass in Polen Ökonomen ohne jede Kenntnis über Klimaschutz oder erneuerbare Energien zu Umweltministern aufsteigen, ist nichts Neues. Dass jedoch während der UNO-Klimakonferenz in Warschau der polnische Premier den Gastgeber vergangene Woche entlässt und an seiner Stelle einen Steuerexperten zum Umweltminister ernennt, verschlug vielen die Sprache.
Maciej Grabowski, grauhaarig und auf den ersten Blick unscheinbar, führte sich mit einem Paukenschlag ein: „Unsere natürlichen Bodenschätze könnten noch ein stärkerer Impuls für die Wirtschaft unseres Landes sein“, betonte der 54-jährige Neue.
Auch sein Vorgänger Marcin Korolec war ein Ökonom ohne große Fachkenntnisse, als er das Ministerium übernahm. Zwar gewann er mit der Zeit die Anerkennung seiner Amtskollegen im Ausland, doch in Warschau scheiterten seine Gesetzesvorlagen oft am Einspruch anderer Minister, denn die wichtigsten Entscheidungen fallen im Wirtschafts- und Finanzministerium. Dass Grabowski, der wie Polens Premier Donald Tusk aus Danzig stammt, sich im Finanzministerium mit Schiefergas und dessen Besteuerung beschäftigte, könnte das Umweltressort in Polens Regierung aufwerten. Denn der Finanzexperte soll nun dafür sorgen, dass die Schiefergas-Gesetze im Umweltministerium möglichst schnell unterschriftsreif werden und dem polnischen Abgeordnetenhaus zur Abstimmung vorgelegt werden können.
Nach dem Studium von Transportwirtschaft und Navigation arbeitete der junge Ingenieur als Offizier auf der Kommandobrücke eines Hochseeschiffes, begann aber 1989 eine wissenschaftliche Karriere. Seither beschäftigt er sich mit Steuern auf Rohstoffe, aber auch mit der Gesamtwirtschaft Polens. Damit war er bereits als Vorstandmitglied des Forschungsinstituts für Marktwirtschaft in Danzig betraut, einem Thinktank, der der liberalkonservativen Regierung in Warschau zuarbeitet. Als neuer Umweltminister soll Grabowski nun auch ein Gesetzeswerk entwickeln, das die Nutzung – und natürlich Besteuerung – von erneuerbaren Energien regelt. So kommt Polens Umweltpolitik vielleicht doch noch auf einen grünen Zweig.
GABRIELE LESSER