DER PAPST IN POLEN: BENEDIKT XVI. FOLGT DEN WEGEN SEINES VORGÄNGERS : Immerhin Auschwitz
In Sachen Charisma fällt Papst Benedikt XVI. weit hinter seinem Vorgänger Johannes Paul II. zurück. Das ist bekannt seit dem Ende des Konklaves vor gut einem Jahr. Dass das Pontifikat des „deutschen“ Papstes aber in fast jeglicher Hinsicht bisher vor allem zum Gähnen anreizen würde – das war dann doch nicht unbedingt zu erwarten. Der Grund liegt auf der Hand: Benedikt sieht sich als bekennender Wojtyła-Fan und dessen langjähriger Präfekt der Glaubenskongregation offensichtlich fast gänzlich als Erbverwalter des großen Polen. Der neue Papst will anscheinend gar keine eigenen Akzente setzen. Das beste Beispiel dafür ist seine aktuelle Pilgerreise nach Polen.
Gleich nach der Ankunft verkündete Benedikt, dass er auf den Spuren seines Vorgängers wandeln wolle. Tatsächlich gehorchen seine Stationen – Warschau, Krakau, Tschenstochau und Wojtyłas Geburtsort Wadowice – exakt diesem Schema. Immer wieder bezieht sich der deutsche Professor während der Reise wie auch in Rom auf Johannes Paul. Allzu bekannt sind auch seine jetzigen Warnungen vor einem „moralischen Relativismus“, die mit der Mahnung des Kandidaten Joseph Ratzinger vor einer „Diktatur des Relativismus“ aus seiner Rede zu Beginn des Konklaves korrespondieren. Schließlich das ausgesprochen fromme, kaum politische Programm der Reise voller Gebete, sehr mariologisch geprägt zudem. Neue Perspektiven bleibt Ratzinger der Kirche, vielleicht auch der Welt bis heute im wesentlichen schuldig.
Papst Benedikt XVI. wandelt auf ausgetretenen Pfaden. Es gibt nur eine Ausnahme: Der geplanter Besuch in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau am Sonntagnachmittag und das auf Deutsch gehaltene Gebet des Papstes dort dürfte der Punkt der Reise werden, der Neues aufzeigt: Wie schon der Besuch des Papstes in einer Synagoge während des Weltjugendtags im vergangenen Sommer und sein Vorgehen gegen das unsägliche Radio Maryja zeigt dieser Besuch Benedikts Bemühen, ein klares Signal gegen Antisemitismus beziehungsweise Antijudaismus in der Kirche zu setzen. Auch auf diesem Weg war Johannes Paul II. schon voraus gegangen. Benedikt ist an dieser Stelle ein Stück konsequenter. Immerhin. PHILIPP GESSLER