: Die Wilde Liga der Staatenlosen
Beim FIFI Wild Cup treten im Hamburger Millerntorstadion Kicker aus Territorien gegeneinander an, die nach Anerkennung durch Uno und Fifa streben – bis auf die selbst ernannte „Republik St. Pauli“
Nordzypern gegen Grönland – wenn dieses Fußballspiel heute um 18 Uhr am Millerntor angepfiffen wird, spielen zwei Nationalmannschaften gegeneinander, die es eigentlich gar nicht gibt. Die Uno erkennt die Gebiete nicht als souveräne Staaten an. Genauso wenig wie Gibraltar, Tibet, Sansibar und die Republik St. Pauli. Bis zum 3. Juni werden diese sechs Mannschaften um den FIFI Wild Cup spielen – ein Turnier im Fahrwasser der WM, organisiert vom FC St. Pauli und zwei Agenturen, die Sponsoren für die Reisekosten besorgt haben.
Es soll in dieser Woche auf St. Pauli zwar „nicht um Politik gehen, sondern um den Fußball an sich“, sagt Michael Meeske, Geschäftsführer des FC St. Pauli. Doch auch er kann die „ureigene Brisanz“ des Turniers nicht bestreiten. „Das ist politisch umstritten, keine Frage.“ Grönland ist ein autonomer Teil Dänemarks, Gibraltar eine britische Kronkolonie, Sansibar gehört zu Tansania, Tibet zur Volksrepublik China, Nordzypern zu Zypern. Die Anerkennung durch die Uno ist Bedingung für die Aufnahme eines Fußballverbandes in die FIFA. Und deren Mitglieder wären alle fünf gerne. Es gibt da eine Ausnahmeregelung, Artikel 10, Absatz 6 der FIFA-Statuten: „Der um Aufnahme ersuchende Fußballverband eines Gebietes, das die Unabhängigkeit noch nicht erlangt hat, darf mit Bewilligung des Verbandes des Landes, dem das Gebiet zugehört, um einen Beitritt zur FIFA ersuchen.“ Aber die ist aus China, Tansania oder Zypern nicht zu erwarten.
Ganz andere Probleme hatte Grönland. Der einzige Rasenplatz ist nur zwei Monate im Jahr bespielbar. Die FIFA lehnte eine Aufnahme ab. Seit 2004 dürfen Länderspiele zwar auch auf Kunstrasen ausgetragen werden, Grönland aber ist weiterhin nicht im Weltverband. Da bleibt nur der neidische Blick auf die ebenfalls autonom von Dänemark agierenden Faröer-Inseln. Die spielten in der Qualifikation zur EURO 2004 immerhin gegen Deutschland – erfolglos.
Die Organisatoren der „Exoten-WM“ schrieben die 70 Fußballverbände an, die nicht in der FIFA sind. Auch die Vatikanstadt war dabei. Die hätte mit einer Auswahl der Schweizer Garde zwar gerne auf St. Pauli gekickt, konnte so schnell aber keine Mannschaft zusammenstellen.
Der FC St. Pauli kann sich mit den Underdogs der Welt identifizieren: „Die Teams sind genauso non-established wie wir“, sagt Geschäftsführer Meeske. Wer allerdings hochqualitativen Fußball sehen wolle, sei bei der am 9. Juni beginnenden Weltmeisterschaft sicher besser aufgehoben. Das eine oder andere gute Fußballspiel erhofft der Geschäftsführer des FC St. Pauli sich trotzdem. Das Niveau von Sansibar schätzt er auf das der Teams in der 4. oder 5. Liga. Dass sie Tore schießen können, haben die Sansibari bereits am Donnerstag vergangener Woche bewiesen: Ein Freundschaftsspiel gegen eine Auswahl von Rot-Weiß Oberhausen gewannen sie mit 6:3. Oder gibt doch der Heimvorteil den Ausschlag? Die Republik St. Pauli wird mit einem Nachwuchsteam antreten. Im Gespräch für die Posten als Co-Spielertrainer sind St.-Pauli-Manager Holger Stanislawski und C-Trainer André Trulsen. Mit den derzeitigen Witterungsbedingungen in Hamburg dürfte wohl die Auswahl aus Grönland am besten zurechtkommen: Wer sonst im Ewigen Eis spielt, den stören auch 11 Grad und Dauerregen nicht. Christina Stefanescu