: BND soll in Zukunft besser spionieren
Sonderermittler Schäfer kritisiert vor allem das übermäßige und ineffiziente Vorgehen des BND bei der Aufdeckung von undichten Stellen
FREIBRUG taz ■ Ist es nicht unanständig? Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat Journalisten abgehört und sogar als Quellen benutzt. Schon seit Wochen kursiert diese Nachricht – mit immer neuen Details aus dem durchgesickerten Schäfer-Bericht.
Das Fazit des jetzt veröffentlichten Schäfer-Berichts scheint diese Sicht zu bestätigen: Die Maßnahmen des BND seien „überwiegend rechtswidrig“ gewesen, heißt es. Doch der Sonderermittler Gerhard Schäfer argumentiert in seiner „rechtlichen Bewertung“ ganz anders: Um undichte Stellen im BND aufzuspüren, durfte der Dienst grundsätzlich auch Journalisten überwachen. Dies sei von der gesetzlichen Befugnis zur Eigensicherung umfasst. Den Einsatz von Journalisten als Quellen stuft Schäfer sogar ausdrücklich als „rechtlich unbedenklich“ ein. Nur die Art und Weise der Überwachung war im Einzelfall unzulässig.
Im Einzelnen bewertete Schäfer die wichtigsten Komplexe so:
– Die Überwachung des Buchautors Erich Schmidt-Eenbom war grundsätzlich zulässig, weil sie der Eigensicherung des BND diente. Auch sein Einsatz als V-Mann gegen andere Journalisten war „noch verhältnismäßig“. Unzulässig war vor allem der lange Zeitraum – drei längere Phasen zwischen 1993 und 1996 – in denen Schmidt-Eenboom überwacht wurde.
– Der Einsatz des Journalisten Wilhelm Dietl als V-Mann gegenüber anderen Journalisten war „noch nicht unverhältnismäßig“, weil er der Aufklärung eines „schwer wiegenden Nachrichtenabflusses“ diente.
– Der Einsatz des Nachrichtenhändlers Uwe Müller als V-Mann war unverhältnismäßig, weil er „eher einer umfassenden Aufklärung der Journalistenszene“ entsprach als der Suche nach undichten Stellen im BND.
– Die Abschöpfung des Focus-Rechercheurs Thomas T. (Tarnname: „Kempinski“) war „noch verhältnismäßig“, obwohl wichtige Interna aus den Redaktionen mitgeteilt wurden.
– Die Abschöpfung des gern Informationen liefernden Journalisten Erwin Decker als Gewährsperson war unzulässig, weil die allgemeine Ausforschung des Medienbereichs im Vordergrund stand und die Aufklärung von Informationsabflüssen keine große Rolle spielte.
– Die Bewertung des BND-Verhältnisses zum Focus-Redakteur Josef Hufelschulte wurde in der öffentlichen Version des Berichts nach einer Klage Hufelschultes gelöscht.
Für Schäfer besteht der Skandal also vor allem darin, dass Journalisten nicht zielführend genug bespitzelt wurden. Das inzwischen von der BND-Spitze erlassene Verbot, Journalisten zu überwachen, hält Schäfer dagegen für eine „Überreaktion“. CHRISTIAN RATH