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Archiv-Artikel

Schlag den Präsidenten!

VON BERND GIESEKING

Der Bundespräsident ist zurückgetreten. Horst Köhler ist schon eine sehr empfindsame Seele. Er habe den Respekt vor dem höchsten Amt vermisst, sagte der erste Mann im Staat. „Heul doch!“, möchte man ihm zurufen. Nur weil er mal die Wahrheit gesagt hat, und deutsche Soldaten als Lobbyisten für deutsche Waffen durch die Welt reisen? Was soll denn da erst einer wie Roland Koch sagen? Respekt muss man sich verdienen! Und Kritikfreiheit gibt es nur in Diktaturen.

Aber nun gilt: Kein Blick zurück, sondern nach vorn. Jetzt brauchen wir schnell einen Neuen. Nur wer hat Zeit? Roland Koch? Der hatte seinen Rückzug aus der Politik zwar angekündigt, würde aber sofort einspringen. Michael Ballack? Der ist verletzt und kann nicht mit zur Fußball-WM und war sowieso schon Kapitän. Oder doch Joschka Fischer? Der ist mit Ab- und Zunehmen genug beschäftigt.

Viele wünschen auch Helmut Schmidt künftig eine wichtigere Rolle in der deutschen Politik. Günter Grass würde sich sicher auch für geeignet halten oder das Geburtstagskind Marcel Reich-Ranicki. Andererseits drängten sich in den letzten Monaten auch Glückskeks Eckart von Hirschhausen oder der vehementeste Seitenscheitel Deutschlands, Richard David Precht, durchaus in den Fokus.

Oder doch besser jetzt mal eine Frau? Margot Käßmann. Die ist doch inzwischen wieder nüchtern. Und wird allen Ernstes bereits vom niedersächsischen SPD-Vorsitzenden Olaf Lies ins Spiel gebracht. Dann lieber gleich Lena Meyer-Landrut. Obwohl wir die lieber ganz schnell wieder vergessen sollten. Bundespräsident kann sowieso nur werden, wer mindestens 40 Jahre alt ist. Dafür ist Lena zu jung.

Aber wo wir schon bei Lena sind, da ist Stefan Raab nicht weit. Lenas Mentor hat doch gerade mit dem Eurovision Song Contest eine selbsterklärte „nationale Aufgabe“ gemeistert. Warum also nicht eine nationale Casting-Show? „Ein Star fürs Bellevue“. Und der Star ist selbstverständlich Stefan Raab selbst. Ein Bundespräsident Raab könnte versöhnen, nicht spalten, wie schon die Zusammenarbeit seines Haussenders ProSieben mit der ARD gezeigt hat.

Als Sprecher des Bundespräsidenten könnte Raab auch direkt Hape Kerkeling mitnehmen ins Präsidenten-Palais oder zumindest seinen ewigen Dauerpraktikanten Elton als First Lady.

Raab hat zwar mal fünf Semester Jura studiert, ist aber gelernter Metzger. Damit könnte er einerseits das Grundgesetz genau befolgen und andererseits die Entertainment-Qualitäten des Bundespräsidenten schneidig ausspielen. Das deutsche Volk könnte sich dann scheckig freuen auf die Wok-WM („Der Bundespräsident in der Eisröhre“), auf das Turmspringen („Der Bundespräsident in Badehose“) und auf die nationale Abendshow „Schlag den Bundespräsident!“ Stefan Raab würde jedenfalls nicht so schnell auf die Bretter gehen wie Horst Köhler.