LESERINNENBRIEFE
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Deutsche Hysteriekultur

■ betr.: „Der beleidigte Präsident“, taz vom 1. 6. 10

Horst Köhler sagt uns: „So nicht!“ Was ist daran schlimm? Ich kann ihn für seinen Schritt nur bewundern. Denn er hat sich die widerliche deutsche Hysteriekultur nicht bieten lassen. Er klagt primär die Medien an, die ihn angesichts einer Äußerung über etwas, was sowieso jeder weiß und was seit Existieren der Menschheit bewiesen ist, mit einer beschämenden, respektlosen und völlig unqualifizierten Kampagne übergossen haben. Und dann von solchen Charakteren wie Merkel oder gar Westerwelle Unterstützung zu erwarten – so naiv wird ein HK wohl nicht gewesen sein! Meine ausdrückliche Bewunderung, Herr Köhler! MARTIN THURAU, Schweinfurt

Den Sack geprügelt

■ betr.: „Der beleidigte Präsident“, taz vom 1. 6. 10

Dass Deutschland bei seinen militärischen Einsätzen seit dem Ende der 90er-Jahre keine Eroberungskriege führt, aber auch keine Verteidigungskriege, ist wohl unstrittig. Dass der Einsatz gegen den Terrorismus natürlich auch den Handelsmöglichkeiten der deutschen Wirtschaft nutzt, ebenso. Die dahinterstehende Politik so zu benennen, ist Horst Köhler gelungen. Dass nun insbesondere Grünen-Politiker den Sack prügeln, wo doch der Esel gemeint sein sollte, entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Waren sie es doch, die gemeinsam mit der Schröder-SPD das Tor zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr aufgestoßen haben. RAINER SOMMER, Berlin

Geheuchelte Empörung

■ betr.: „Der beleidigte Präsident“, taz vom 1. 6. 10

Verwunderung oder Empörung heucheln kann zu Köhlers Aussage nur, wer bisher manchmal bis zum Herzzerreißen zu erklären versucht hat, dass deutsches Militär nur des Friedens, der Freiheit, der Demokratie und Befreiung der afghanischen Bevölkerung wegen am Hindukusch ist. Wer in Einfalt geglaubt oder vorzumachen versucht hat, dass es um Brunnenbohren, um Begleitung von Mädchen in die Schule und Ähnliches gehe, der muss bei Köhlers Ansicht aufheulen. In der Tat hat er klar ausgesprochen, was längst verschämt umschriebene Regierungspolitik ist. ROLAND WINKLER, Remseck

Hauch von Eventuell-Legalität

■ betr.: „Angriff völkerrechtlich umstritten“, taz vom 1. 6. 10

Wenn gar nichts mehr geht, wird die Vokabel „umstritten“ eingesetzt, um auch noch der illegalsten Aktion einen Hauch von Eventuell-Legalität zu verschaffen. Dass Kollektivstrafen völkerrechtswidrig und nach internationalem Recht also illegal sind, ist jedoch nicht umstritten, sondern steht fest und somit auch, dass es es sich bei der seit drei Jahren andauernden Blockade des Gazastreifens um eine solche völkerrechtswidrige Kollektivstrafe handelt. Dass es sich bei einem Überfall auf ein ziviles Schiff in internationalen Gewässern um einen Akt der Piraterie handelt, steht ebenfalls fest, selbst wenn Israel gerne ein „völkerrechtliches Gewohnheitsrecht“ daraus machen würde. MANUELA KUNKEL, Stuttgart

Geplantes Massaker

■ betr.: „Israelis stürmen Schiffe für Gaza“, taz vom 1. 6. 10

Mir ist egal, was israelische Stellen behaupten: Für mich war das ganz klar ein geplantes Massaker an Nichtkombattanten, ein Massenmord an Zivilisten. Wer soll denn diese Schutzbehauptungen noch glauben? Gefährliche stangenschwingende Helfer? Messerwerfer? Schießwütige? Warum wurde dann kein israelischer Soldat getötet? Warum überhaupt die Piraterie? Selbst wenn ein Angriff der Zivilisten erfolgt wäre, wäre er durch Notwehr gerechtfertigt gewesen und durch Nothilfe für die Menschen in Gaza. HANNES KÜPER, Werne