: Afrikanischer Rekord
733 Flüchtlinge erreichen Kanaren. Spanien mobilisiert EU zur Seeüberwachung. Nimmt Deutschland doch teil?
MADRID taz ■ Der Zustrom von Flüchtlingen auf die Kanarischen Inseln nimmt kein Ende. Am Montag brachen die langen Fischerboote, mit denen Afrikaner auf den europäischen Außenposten im Atlantik übersetzten, alle Rekorde. Innerhalb von 24 Stunden kamen 733 Flüchtlinge in 11 Booten an. So viele waren es noch nie. Drei Cayucos erreichten Teneriffa, drei Fuerteventura, die restlichen La Gomera, El Hierro und Gran Canaria.
Damit sind seit Jahresbeginn über 8.500 Flüchtlinge auf den spanischen Inseln angekommen – fast doppelt so viel wie im gesamten Vorjahr. Der Staatssekretär im Innenministerium, Antonio Camacho, hatte am Montag die Botschafter der neun EU-Staaten zusammengerufen, die Spanien bei der Abwehr illegaler Einwanderer bereits auf hoher See unterstützen wollen.
Österreich, Finnland, Portugal, Frankreich, Italien, Großbritannien, Griechenland und – so das spanische Innenministerium trotz anderslautender Beteuerungen aus Berlin gegenüber der taz in der vergangenen Woche – auch Deutschland, wollen im Rahmen der europäischen Kontrolle der Außengrenzen (Frontex) künftig den Atlantik rund um die Kanaren überwachen. Die Operation, bei der fünf Patrouillenboote, fünf Helikopter und ein Flugzeug eingesetzt werden sollen, wird, so die Angaben aus Madrid, noch vor dem Sommer anlaufen. Die EU-Einheiten sollen Küstenabschnitte vor dem Senegal, Mauretanien und Kap Verde überwachen, von denen illegale Zuwanderer in Richtung der Kanarischen Inseln losfahren.
Die Immigrationswelle wird mittlerweile zum innenpolitischen Faktor. Das zeigt eine Umfrage des Instituts Sigma Dos im Auftrag der Tageszeitung El Mundo. Demnach sind knapp 70 Prozent der Spanier der Ansicht, dass in ihrem Land zu viele Ausländer leben. Ein großer Teil der Bevölkerung macht die sozialistische Regierung von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero für den Zustrom illegaler Einwanderer verantwortlich. Sie stimmen der konservativen Opposition zu, dass die „Legalisierung“ von 600.000 illegalen Immigranten 2005 ein Fehler gewesen sei. Dadurch seien noch mehr Zuwanderer angelockt worden, meinten 70 Prozent der Befragten. REINER WANDLER