Elchtest für Castoren : KOMMENTAR VON KAI SCHÖNEBERG
Zehn Castorbehälter des alten Typs warten derzeit in der Wiederaufbereitungsanlage in La Hague bereits auf den Transport ins Wendland, zwei weitere werden gerade für den Transport Mitte November fertig gemacht. Der Castor in diesem Jahr kommt also bestimmt, der nächste wahrscheinlich erst 2008 – und mit ihnen kommt die Angst. Das Thema um die unzureichenden Tests der Kokillen beschäftigt die Öffentlichkeit seit Jahren. Immer wieder gab es Zweifel, ob die Behälter harten Crashs standhalten können – und es gab Pannen, die Atomkraftgegner wie Polizisten in Angst versetzten.
Physiker, Mathematiker und Ingenieure kamen noch vor vier Jahren zu dem Schluss, dass die „Störfallbetrachtung“ bei der Castorsicherheit voller Fehler ist. Ein harter Sturz oder große Wärmeentwicklung sind bei der Entwicklung der alten Castoren offenbar nicht ausreichend getestet worden. Der Grund: Ein absolut realitätsgetreuer Crashtest ist laut Atomrecht nicht vorgesehen. Sorry, sagt da das für die Sicherheit zuständige Bundesamt für Strahlenschutz: Einen „Elchtest“ – wie ihn jedes Auto vor der Zulassung vorweisen muss – benötigen die hochradioaktiven Kokillen nun mal nicht, auch wenn wir das aus „Akzeptanzgründen“ auch gerne hätten. Logisch, dass bei der neuen Castorgeneration erneut Zweifel an der Sicherheit auftauchen.
Eine zwiespältige Rolle beim Verwirrspiel um die kommenden Transporte spielt auch Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU). Zunächst forderte er, den Transport in diesem Jahr zu verschieben, um die von WM und G8-Gipfel überlastete Polizei zu schonen. Wie gut die Chancen für ein Aussetzen der Transporte standen, weil die neue Castor-Generation noch gar nicht einsatzbereit ist, sagte er jedoch nicht.
Das lässt nur zwei Schlüsse zu: Entweder Schünemann wusste nichts von den neuen Castoren und den Problemen, die sie verursachen. Dann hätte er das Thema nicht im Griff. Oder der Minister verheimlichte die Transportpläne. Das hieße, er hätte sich als Retter der Polizei darstellen wollen, ohne überhaupt für das Aussetzen des Transports verantwortlich zu sein. Auch kein Ruhmesblatt.
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