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Archiv-Artikel

Schuldner sagen IWF Adieu

Indonesien will die Kredite des Internationalen Währungsfonds schnell zurückzahlen. Entwicklungs- und Schwellenländer verzichten auf die Hilfe der ungeliebten Institution

BERLIN taz ■ Der Internationale Währungsfonds (IWF) steckt in einer Krise: Seine Ratschläge will kaum noch jemand hören. Und neuerdings brauchen ihn auch viele Schuldner nicht mehr. Hoch verschuldete Länder zahlen ihre Kredite frühzeitig zurück. So entgehen dem Fonds Zinseinnahmen, seine Reserven schrumpfen.

Anfang der Woche kündigte Indonesiens Präsident Susilo Bambang Yudhoyono an, dass sein Land sämtliche Verbindlichkeiten in Höhe von etwa acht Milliarden Dollar beim Währungsfonds binnen zwei Jahren begleichen wolle – die steigenden Einnahmen dank des hohen Ölpreises machen es möglich. Ende April lagen die indonesischen Währungsreserven bei fast 43 Milliarden Dollar. Für den IWF allerdings bedeutet das einen Zinsverlust von mehreren 100 Millionen Dollar, die bis 2010 geflossen wären.

Indonesiens Entschluss hat für das Land keine negativen finanziellen Folgen. Der IWF darf laut Statut ein Schuldnerland nicht bestrafen, wenn es Kredite schneller als vereinbart tilgt. Im Gegenteil – eigentlich müssten die Ökonomen in Washington sich freuen, dass Indonesien nun wieder auf eigenen Beinen steht. Es ist noch gar nicht lange her, da zählte das Land zu den großen Sorgenkindern des Fonds. Den Kredit, der nun zurückgezahlt wird, erhielt Indonesien nach der Finanzkrise von 1997.

Dennoch dürfte die Freude in Washington verhalten bleiben. Seit Ende 2003 sank das Volumen ausstehender IWF-Kredite laut Institut der Deutschen Wirtschaft von 107 auf 37 Milliarden Dollar. Für dieses Jahr rechnet der Fonds noch mit einem Überschuss von 170 Millionen Dollar, ab 2007 mit Verlusten. Mit Indonesien fällt einer der letzten großen Schuldner weg, nun bleibt noch die Türkei mit rund 15 Milliarden Dollar Schulden übrig.

Denn auch die meisten lateinamerikanischen Schuldnerländer nutzten bereits den Boom, den der Rohstoffhunger von Schwellenländern wie China und Indien ausgelöst hat, zur Schuldentilgung. „Sie befreien sich aus dem Griff des IWF“, sagt Ökonom Pedro Morazan vom kirchlichen Südwind-Institut. Viele Schwellenländer, allen voran Argentinien, empfanden die Bedingungen, die an die IWF-Kredite geknüpft sind, als Bevormundung.

Tatsächlich gilt das Standardrezept für Wachstum, das den Entwicklungsländern bis vor wenigen Jahren verschrieben wurde, mittlerweile selbst bei liberalen Ökonomen als gescheitert. So hält der Chefökonom der Weltbank, Guillermo Perry Rubio, die Strategie „erst Wachstum, dann Armutsbekämpfung“ für falsch. Zu häufig seien dadurch der Konsum abgewürgt und die Volkswirtschaften in die Rezession gezwungen worden.

Erfolgreiche Schwellenländer verschulden sich mittlerweile lieber auf dem Kapitalmarkt, wo sie ohne Auflagen kreditwürdig sind. Die Abhängigkeit vom IWF dagegen gilt als Zeichen für mangelnde Bonität.

Beim Währungsfonds stehen nun zwei Punkte auf der Tagesordnung: Erstens die Suche nach neuen Einkommensquellen. Dazu soll zunächst ein Teil der Währungsreserven in Staatsanleihen der Mitgliedsländer sowie in Weltbank-Papiere gesteckt werden. Zweitens versucht der IWF, seine Aufgaben neu zu definieren. Das dürfte der schwierigere Part werden. Der radikalste Vorschlag kommt von ganz rechts und ganz links gemeinsam, nämlich die Abschaffung der verhassten und als überflüssig empfundenen Institution. Wahrscheinlicher aber ist eine umfassende Reform. Gerade die Schwellenländer, die sich derzeit dankend abwenden, könnten mehr Mitspracherechte erhalten. KATHARINA KOUFEN