Alte Rivalen am Rhein

„Partnerschaftliche Zusammenarbeit“? Nicht erst seit dem Handke-Streit hacken Stadt Düsseldorf und Land NRW aufeinander herum. Obwohl die Protagonisten CDUler sind, herrscht Disharmonie

VON MARTIN TEIGELER

In Düsseldorf hängt mal wieder der christdemokratische Haussegen schief. Die CDUler in Stadt- und Landesregierung liegen sich nicht zum ersten Mal in den Haaren. Regelmäßig überziehen sich die Verantwortlichen in Rathaus und Staatskanzlei gegenseitig mit Ratschlägen und kleinen Gemeinheiten (siehe unten).

Jüngste Episode im Duell der rheinischen Rivalen: die Verleihung des Düsseldorfer Heinrich-Heine-Preises an den österreichischen Schriftsteller Peter Handke, einen der Grabredner des serbischen Tyrannen Slobodan Milosevic. Düsseldorfs CDU-Oberbürgermeister Joachim Erwin ist wie die Mehrheit der Preisjury für Handke, CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers dagegen. Sein Staatskanzlei- und Kulturchef Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (ebenfalls CDU) fehlte aber bei der entscheidenden Jurysitzung (taz berichtete). Grosse-Brockhoffs Entschuldigung: „Meine Nicht-Teilnahme an der Jurysitzung hat mit der nachhaltig fehlenden Bereitschaft des Oberbürgermeisters zu tun, mit dem Land partnerschaftlich zusammen zu arbeiten.“

Ministerpräsident Rüttgers musste sich im Düsseldorfer Parlament quälenden Oppositionsfragen über das Verhalten seines Mitarbeiters stellen. Schmallippig sagte Rüttgers, er respektiere Grosse-Brockhoffs Verhalten. Angeblich streiten Grosse-Brockhoff und Erwin um die Besetzung einer Professorenstelle in der Landeshauptstadt. „Dennoch hätte Brockhoff an der Sitzung teilnehmen müssen“, sagt ein Mitglied der CDU-Landtagsfraktion. Persönliche Animositäten könnten nicht die politische Arbeit lahm legen – egal zwischen welchen Protagonisten.

Auch die Beziehung zwischen NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und OB Erwin erfüllt nämlich eher die Kriterien einer typischen „Parteifreundschaft“. Die beiden Christdemokraten kennen sich seit den 1970er Jahren. Wirkliche Freunde sind sie nie geworden. Zu unterschiedlich sind der kontrollierte Pulheimer und der extrovertierte Kö-Bewohner. Auch politisch gibt es wenig Gemeinsamkeiten: Rüttgers gibt gern den christlichen Sozialpolitiker, Erwin gilt als CDU-Modernisierer vom Privatisierungsflügel. Beide Images sind allerdings eher grobkörnig als zutreffend. „Wir haben eine lange, durch viele gemeinsame Jahre in der Jungen Union gereifte Zusammenarbeit“, sagte Erwin einmal im taz-Interview über seinen Draht zu Jürgen Rüttgers.

Parteikollegen sprechen indes von einer jahrelang gepflegten Intimfeindschaft zwischen den beiden Rheinländern. „Die beiden sind alles andere als dicke Freunde“, sagt ein Düsseldorfer Christdemokrat. Im Jahr 2000 soll Erwin den damaligen Landtagsfraktionschef Laurenz Meyer für den besseren NRW-Spitzenkandidaten gehalten haben. Vor der Landtagswahl 2005 wurde der Düsseldorfer Lokalpolitiker mit dem Satz zitiert: „Warten Sie doch mal ab, ob Rüttgers überhaupt Spitzenkandidat wird.“ Jürgen Rüttgers hingegen soll vor der NRW-Kommunalwahl 2004 gespottet haben, Erwin werde wohl die Wahl gewinnen, obwohl „kein vernünftiger Düsseldorfer mit dem ein Alt trinken mag“. Rüttgers trinkt sowieso lieber Kölsch. Und sonst? Rüttgers ist Fan des 1. FC Köln. Erwin ist Anhänger von Fortuna Düsseldorf.

„Sicher, der Erwin ist ein bisschen anstrengend, leistet aber eine großartige Arbeit für die Stadt“, sagt der Düsseldorfer Landtagsabgeordnete Olaf Lehne. Der direkt gewählte Parlamentarier aus dem Wahlkreis Düsseldorf I sitzt genau zwischen den Stühlen. Zwischen Land und Stadt. Zwischen Staatskanzlei und Rathaus. Abgesehen vom aktuellen Handke-Streit sei die Zusammenarbeit zwischen Kommune und Bundesland aber ziemlich gut, sagt Lehne. „Das Land hilft der Stadt bei vielen Dingen, etwa in der Verkehrs- und Baupolitik.“ Kleinere Scharmützel ab und zu seien doch „pille-palle“.