Janneke de Vries wird Kunstvereinsleiterin : Erfrischung für Braunschweig
Sie sagt, sie verlasse Hamburg „mit blutendem Herzen“, und man glaubt es ihr: Zum Braunschweiger Kunstverein wird Janneke de Vries, seit 2003 wissenschaftliche Mitarbeiterin des Hamburger Kunstvereins, zum September wechseln. Eine Veränderung, die sie sich schon länger wünscht. Denn „eigene Ideen kann man doch eher umsetzen, wenn man in der ersten Reihe steht“, sagt die 1968 im ostfriesischen Weener geborene Kunsthistorikerin. Derzeit probt sie in ihrer Privatwohnung das halb-öffentliche Kunstprojekt „Innenausstattung“, das morgen eröffnen wird. Ein Experiment, das gedieh, „weil wir das Geld für eine Ausstellung nicht hatten“.
Experimentieren möchte sie auch in Braunschweig: Zwei Gebäude stehen dort zur Verfügung, eine klassizistische Villa und eine Studiogalerie. Die bisherige Aufteilung zwischen renommierten Künstlern im großen Bau und jungen im kleinen, die möchte sie ändern. Im Haupthaus will de Vries künftig aktuellste Positionen zeigen. Die Ausstellungen im Nebengebäude sollen subtile Antworten hierauf sein. „Ich möchte dort Künstler einladen, die sich mit der Gruppenausstellung im großen Haus auseinander setzen“, sagt de Vries. Auch ein „Artist in Residence“-Programm möchte sie starten. Doch sie will nicht „alles ändern und von oben durchregieren“. Hierarchische Strukturen zu durchleuchten ist vielmehr ihr Ziel – und das meint sie ganz konkret: „Die Qualität des Gezeigten soll nicht von mir als Direktorin abhängen. Ich will mich ganz bewusst auch Einflüssen von außen aussetzen.“ Will heißen: Zwei der vier jährlichen Ausstellungen sollen international ausgeschrieben und von einer unabhängigen Jury ausgewählt werden. „Da werde ich also vorher nicht wissen, was passiert“, sagt de Vries zufrieden.
Ungewiss ist auch, wie sie jene rund 400.000 Euro zusammenbekommen wird, die sie für den Ausstellungsbetrieb braucht. Vorgängerin Karola Grässlin, die nach Baden-Baden geht, wird sie zwar mit den Sponsoren bekannt machen. Ob das aber genügen wird, um den öffentlichen Zuschuss von 150.000 Euro entsprechend aufzustocken, weiß derzeit niemand. PETRA SCHELLEN