: „Gekämpft, wo wir konnten“
Die Genmais-Lüge: Klaus Müller, einst grüner Umweltminister in Schleswig-Holstein, wehrt sich im taz-Interview gegen Vertuschungsvorwurf. Er habe nichts verheimlicht, durfte aber nur überwachen
INTERVIEW: ESTHER GEISSLINGER
taz: Herr Müller, jetzt mal ganz deutlich: Schleswig-Holstein gehörte dem Verband gentechnikfreier Regionen an – und gleichzeitig fanden Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen statt. Das kann einfach nicht zusammenpassen.
Klaus Müller: Dieser Verband ist, leider, kein Gütesiegel. Als das Kabinett im November 2003 beschlossen hat, dem Verband beizutreten, haben wir erklärt, was das bedeutet. Ziel des Verbandes war immer, ein politischer Zusammenschluss zu sein und das Thema im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu halten. Es ging darum, für das Recht zu streiten, dass sich Teile von Regionen für „gentechnikfrei“ erklären dürfen.
Was heißt das konkret?
Im Verband sind auch einige eher konservative Regionen Mitglieder, die sich für eine Koexistenz einsetzen und dafür, dass es eine Wahlfreiheit gibt. Aufgrund der Rechtslage in der EU konnten wir nicht ganz Schleswig-Holstein „gentechnikfrei“ halten. Aber ich als Umweltminister habe mich dafür eingesetzt. Wir haben sehr viel Zuspruch für unseren Beitritt zu diesem Verband erhalten.
Sie haben es aber nicht gerade an die große Glocke gehängt, dass es hier im Land Versuche gegeben hat.
Ich habe mehrere Reden gehalten und auch auf den Umweltbericht verwiesen, der seit 2003 im Internet veröffentlicht ist. Dort haben wir, noch bevor die damalige grüne Landwirtschaftsministerin Renate Künast ein Standortregister durchgesetzt hat, freiwillig alle Angaben gemacht und gesagt, dass und wo es Freisetzungen gab.
So richtig bekannt scheint es dennoch nicht gewesen zu sein: Der Bioland-Landesverband zum Beispiel hat es nicht gewusst.
Ich habe nichts verheimlicht, ich habe es mehrfach öffentlich gesagt. Und wir haben versucht, Freisetzungen zu verhindern: Wo wir kämpfen konnten, haben wir gekämpft.
Machtlos waren Sie offenbar gegen ihre eigene Landwirtschaftskammer. Wie kann das sein?
Leider ist das so: Es ist nicht „meine“ Kammer. Die Landesregierung ist nur gegenüber einem Teil der Kammer weisungsberechtigt. Der andere, der aus den Zwangsbeiträgen der Landwirte finanziert wird, macht Versuche im eigenen Interesse. Für Versuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen braucht die Kammer eine Genehmigung des Robert-Koch-Institutes, und die hat sie immer bekommen. Wir konnten die Versuche dann nur überwachen.