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Archiv-Artikel

„Mich stört, wie er die Leute manipuliert“

Kolumbiens linker Wahlverlierer Carlos Gaviria über den siegreichen konservativen Präsidenten Álvaro Uribe

taz: Herr Gaviria, was sagen Sie zu den 62 Prozent, mit denen Präsident Álvaro Uribe am vergangenen Sonntag in Kolumbien wiedergewählt wurde?

Carlos Gaviria: Nun, das liegt in der Logik dessen, was hier abläuft. Wir hatten gehofft, diese Logik bei der Wahl durchbrechen zu können. Es gibt weiterhin einen großen Teil der Bevölkerung, der nicht begriffen hat, was Uribe wirklich vorhat. Er will die Leute glauben machen, dass es diesem Land sehr gut ginge, wenn man nur die Gewalt zum Verschwinden brächte. Wir hingegen glauben, dass grundlegende Reformen nötig sind, damit eine gerechtere, eine anständige Gesellschaft errichtet werden kann.

Was sind Uribes größte Qualitäten?

Viele Menschen halten ihm zu Recht seine Ausdauer zugute, seine zielgerichtete Arbeitsweise. Er vermittelt den Eindruck, dass er sich für das Land anstrengt.

Und was stört Sie am meisten an ihm?

Wie er die Leute manipuliert, zum Beispiel durch seine samstäglichen Gemeinschaftsversammlungen in der Provinz. Seine ständige Präsenz in den Medien ist kühl kalkuliert, um die Botschaft zu vermitteln, wegen der Ergebnisse bei der Sicherheit gäbe es mehr Investitionen, und das Wirtschaftswachstum hänge mit dieser Politik zusammen – dabei wird dieser Reichtum höchst ungleich verteilt.

In der kolumbianischen Presse heißt es bereits, in vier Jahren werde als Linkskandidat Bogotás derzeitiger Bürgermeister Lucho Garzón ins Rennen geschickt. Wollen Sie sich zurückziehen?

Das zeigt das Wunschdenken dieser Medien. Garzón macht eine gute Politik, und ich bin kein Messias, kein Caudillo. Ich arbeite nicht für meinen persönlichen Nutzen, und deshalb hoffe ich, dass in vier Jahren jemand anders antritt. Allerdings bin ich bereit, die Verantwortung und die Funktionen anzunehmen, die mir die Organisation zuweist.

Wie definieren Sie sich selbst – als Liberaler, als Linker?

Für mich besteht kein Widerspruch zwischen der Wertschätzung der individuellen Freiheiten und meiner Position als Linker. Im Gegenteil: Die Menschen können erst frei sein, wenn ihre Grundbedürfnisse erfüllt sind.

INTERVIEW: GERHARD DILGER