Rechte wollen Raumgewinn

NRW-Neonazis marschieren mal wieder – diesmal auch rund um die WM-Stadien. Wie Rechte in Städten an Rhein und Ruhr Fußballvereine und ihre Fans zu unterwandern versuchen

VON HOLGER PAULER
UND MARTIN TEIGELER

Normalerweise gibt es im Fußballstadion Bier und Bratwurst – seit Neuestem kommt häufig auch braune Soße dazu. Neonazis und Rechtsextremisten wollen an den Ball und gehen im WM-Jahr 2006 immer öfter in die Fußballstadien an Rhein und Ruhr. Sie marschieren in WM-Städten wie Gelsenkirchen auf, machen im Stadion Propaganda für Nazidemos und werben Mitglieder für ihre Kameradschaften.

Im Vorfeld der heutigen Nazidemo in Düsseldorf machten Rechte auch Werbung in eigener Sache beim letzten Heimspiel von Fortuna. Doch die eher linksgerichteten Anhänger vertrieben die Neonazis am vergangenen Samstag aus dem Fanblock. „Nazis raus“, skandierten die Zuschauer. Im Stadion am Flinger Broich hingen Transparente mit Aufschriften wie „Neonaziaufmarsch verhindern!“. Heute wollen zahlreiche Fußballfans bei der Gegendemo einen „Fortunablock“ bilden. „Fortuna ist rot-weiß und nicht braun!“

„In den letzten Monaten tauchen regelmäßig Rechte bei Fortunaspielen auf“, sagt Dirk Bierholz vom Düsseldorfer Fanprojekt. Auch rechte Kameradschaften wollten sich auf den Tribünen breit machen. Anders als in früheren Jahren zeigten die Rechtsextremen jedoch nicht offensiv ihre Gesinnung. In den 80ern marschierten Faschos mit der Reichskriegsflagge in die Stadien ein. „Die Rechten haben es immer schon eher schwer bei Fortuna Düsseldorf, weil es unter den Fans einen Konsens gegen Rechts gibt“, sagt Bierholz.

Auch wegen der öffentlichkeitswirksamen Fußball-WM in Deutschland müsse mit rechten Störungen gerechnet werden, warnte das Landesinnenministerium schon vor Monaten. Rechtsextreme Hooligans könnten für Ärger sorgen. „Etwa zehn bis 15 Prozent der registrierten Hooligans sind auch in der rechten Szene aktiv“, sagt NRW-Verfassungsschützer Hartwig Möller. Dies entspreche einer Zahl von mehreren hundert. Schwerpunkte seien Gelsenkirchen, Dortmund und das Umfeld des Regionalligisten Rot Weiss Essen.

Auch Regionalliga-Absteiger SG Wattenscheid muss sich mit braunen Fans herumschlagen. So gratulierte die NPD um den Landesvorsitzenden und Wattenscheider Bezirksvertreter Claus Cremer dem Verein vor einem Jahr offiziell zum Aufstieg. Das NPD-nahe Internet-Forum „Freiheit Wattenscheid“ macht nun den neuerlichen Abstieg der „Multi-Kulti-Truppe“ an fehlenden „deutschen Spielern“ fest. Und damit meint das Nazi-Organ laut eigener Aussage keine „Passdeutschen oder germanisierten Afrikaner“.

Die Macher befinden sich damit stramm auf NPD-Kurs. Die Nationaldemokraten hatten im Vorfeld der WM gegen die Nationalspieler Patrick Owomoyela und Gerald Asamoah mit dem Motto „Weiß – mehr als eine Trikotfarbe“ gegen die beiden Spieler gehetzt. Owomoyela hatte vor Gericht eine einstweilige Verfügung gegen die NPD-Kampagne erreicht.

Weniger Erfolg hatte der Gelsenkirchener Polizei-Präsident Rüdiger von Schoenfeldt. Er hatte einen für den 10. Juni angekündigten Aufmarsch der NPD verboten. Das Gelsenkirchener Verwaltungsgericht hob den Beschluss auf. Nun legte von Schoenfeldt Beschwerde ein. Er sehe in der Demonstration während der WM „das Ansehen Deutschlands in der Weltöffentlichkeit gefährdet“. Das Oberverwaltungsgericht Münster muss nun entscheiden.