: Ein Fall für Herrn und Frau Hase
KINDERKRIMI Polly Horvath’s packender Roman über Hippie-Eltern, fiese Füchse und detektivische Langohren auf Vancouver Island
VON EVA-CHRISTINA MEIER
Peter Rabbit, Pu der Bär oder Alice im Wunderland – Hasen und Kaninchen sind in Kinderbüchern ein Klassiker – selten bedrohlich und sehr niedlich. Eine erfrischend zeitgenössische Version dieser beliebten Protagonisten der Kinderliteratur hat nun die kanadische Schriftstellerin Polly Horvath mit ihrer Geschichte „Herr und Frau Hase – Die Superdetektive“ vorgelegt. Überraschend schlüssig erzählt sie in diesem rasanten Krimi von Hippies, Hasen, Füchsen und dem abgedrehten Aufeinandertreffen zweier Parallelwelten. Die wunderbar detailreichen Illustrationen von Sophie Blackall begleiten in zurückhaltenden Grautönen die fantastische Erzählung Polly Horvath’s und halten dabei immer mit ihr Schritt.
Die elfjährige Marlene lebt mit Flo und Mildred, ihren um sich selbst kreisenden Aussteigereltern auf Hornby, einer winzigen Hippie-Insel im kanadischen Westen. Seitdem sie die fünfte Klasse besucht, geht Marlene aber lieber auf eine „normale“ Schule. Dafür steht sie morgens bereits um fünf Uhr auf und nimmt allein die Fähre und den Bus nach Vancouver Island. Die Hippies von Hornby finden ihre ernsthafte, aufgeräumte Art irgendwie schräg.
Aber auch in der Schule gilt das Mädchen als Außenseiterin, die nach „Homeschooling“ riecht – für Marlene kein besonderes Problem. Aber jetzt benötigt sie dringend weiße Schuhe für den Besuch Prince Charles auf ihrer Schulabschlussfeier. Doch als am Mittsommerabend kurz vor den großen Ferien ihre Eltern von einer Bande von Füchsen in Trenchcoats und mit Sonnenbrillen bekleidet entführt werden, braucht Marlene dringend Hilfe.
Ein Glück, dass sie bald auf Herrn und Frau Hase trifft, die sie liebevoll in ihrer Familie aufnehmen. Die beiden Hasen waren erst kürzlich in ein kleineres Haus in die Nähe von Rabbitville gezogen. Da ihre zwölf Kinder nun erwachsen sind, haben sie beschlossen, Detektive zu werden. Die passenden Bogart-Hüte besitzen sie bereits. Da kommt ihnen Marlenes Fall mehr als gelegen – auch wenn es sich bei den vermutlichen Entführern um Füchse, die natürlichen Todfeinde aller Hasen, handelt.
Marlene besitzt die äußerst seltene Fähigkeit, Häsisch zu verstehen. Als „Hasenflüsterin“ ist sie in der Lage, diese andere, parallel existierende (Hasen-)Realität wahrzunehmen und ein Teil von ihr zu werden. Natürlich ergeben sich aus dem Mix dieser zwei Welten allerhand komisch groteske Situationen – so etwa, wenn Herr Hase vor den Hasenrat in Rabbitville zitiert wird, da er und seine Frau sich verbotenerweise mit einem Menschen (Marlene) angefreundet hätten. Sie seien bei einem gemeinsamen Besuch im „Pizza-Himmel“ beobachtet worden. (Herr Hase wiegelt ab, Marlene sei nur ein Haustier.) Oder: wenn er zum Smart-Fahren gezwungen ist, Plateauschuhe zu tragen.
Natürlich gelingt es den „Superdetektiven“ schließlich, die mörderische Geschäftsidee der Füchse zu durchkreuzen und die entführten Hippie-Eltern (mithilfe eines ganz raffinierten Sondereinsatzkommandos) aus deren Gewalt zu befreien. Bleibt für Herrn und Frau Hase nur noch, Marlene zu ihrer Schulabschlussfeier zu begleiten. Auf der Bühne gratuliert ihr Prinz Charles, zurzeit auf Kanadareise, persönlich zu ihrem Schulpreis. Marlene trägt weiße Schuhe – von Frau Hase aus gebrauchter Zahnseide gestrickt.
■ Polly Horvath: „Herr und Frau Hase – Die Superdetektive“. Aus dem Englischen von Christine Buchner. Illustrationen von Sophie Blackall. Aladin Verlag, Hamburg 2013, Hardcover, 224 Seiten, 12,90 Euro. Ab 8 Jahre