LESERINNENBRIEFE :
Auch Mord ist verboten
■ betr.: „Gegen den Strich“, taz vom 6. 12. 13
Das Argument des in den Untergrundgehens im Falle eines Verbots ist kein gutes. Auch Mord ist verboten, ohne dass damit jeder einzelne verhindert werden kann. Ja, der Menschenhandel wird sicher im Untergrund weiterbetrieben werden, wie Balmer schreibt, aber wurde der Menschenhandel weniger durch die Tatsache, dass Freier bisher nicht bestraft wurden? Erschweren kann man das Geschäft durch gesetzliche Einschränkung aber schon und das Bewusstsein schärfen ebenfalls. Dass so viele männliche Abgeordnete bei dieser Abstimmung ferngeblieben sind, lässt jedenfalls tief blicken.
MANUELA KUNKEL, Stuttgart
Gehörig gegen den Strich
■ betr.: „Gegen den Strich“, taz vom 6. 12. 13
Als eigentlich begeisterte taz-Leserin ärgere ich mich immer wieder über die unglaublich einseitige Berichterstattung zum Thema Prostitution. Wer Menschen, die sich gegen Menschenhandel und die Ausbeutung von Prostituierten wenden, als Tugendwächter diffamiert, der hat den Ernst der Lage noch nicht begriffen. Die idealistisch verbrämte („Das Recht der Frauen auf ihren eigenen Körper“) Pro-Prostitution-Haltung der taz-Journalisten erscheint hier regelrecht zynisch und geht mir gehörig gegen den Strich!
KATRIN STREIB, Berlin
Antworten sprechen Bände
■ betr.: „Macht Gentechnik krank?“, taz vom 6. 12. 13
Die Antworten der Kontrahenten sprechen Bände. Und dabei geht es nur um den gesundheitlichen Aspekt der Gentechnik. Deren eigentliche Dimension bäumt sich dahinter als globales Monster auf. Monsanto marschiert zur Weltherrschaft auf dem Getreidemarkt und stampft dabei Wahrheit und Vernunft unter seinen Fuß, macht Farmer in der Spirale aus gentechnisch veränderten, patentierten Pflanzen und immer stärkeren Unkrautvernichtungsmittel von seinen Produkten abhängig. Dass Verbraucher dabei krank werden, stört Monsanto nicht die Bohne, zu hoch ist der erzielte Profit. Unbequeme Studien werden verteufelt, ihre Verfasser mundtot gemacht, Demonstranten von staatlichen Organen niedergeknüppelt.
Wer sich von der Gentechnik ein Bild machen möchte, dem sei der Dokumentarfilm „Monsanto, mit Gift und Genen“ und die von Greenpeace und anderen Umweltorganisationen recherchierten Fakten empfohlen. Vorschlag an Herrn Kaufmann: Er, andere Lobbyisten und willfährige US- und EU-Beamte testen Genmais und Roundup über einige Jahre an sich selbst. Dann wird sich erweisen, inwieweit sie sich von Gilles-Eric Séralinis Ratten unterscheiden.
WOLFGANG FUCHS, Castrop-Rauxel
Leben vor dem Tode
■ betr.: „Manchmal ein Schock“, taz vom 6. 12. 13
Nein, so geht das nicht. Ein Schriftsteller erschießt sich an einem Berliner Kanal – denke Wannsee, denke Kleist, denke „die Wahrheit ist, dass mir auf Erden nicht zu helfen war“ –, und schon kommt das Feuilleton und dreht seine ausgedehnten Pirouetten darüber. Eigentlich ist die Geschichte einfach: Ein Schriftsteller bekommt seine (Lebens-)Fahrkarte ausgestellt, Gültigkeit maximal zwei, drei Jahre. Angesichts dieses Faktums versucht er Haltung zu bewahren, indem er die Werkzeuge, die ihm zur Verfügung stehen – nämlich Denken und Schreiben –, noch einmal in angemessener Weise nutzt. Das hat nichts mehr mit Ästhetik oder Literatur zu tun, sondern ist einfach das beeindruckend nüchterne und ungeschminkte Protokoll eines langsamen Abtretens. Leben vor dem Tode, könnte man sagen. Dirk Knipphals nennt das existenzielle Wucht, und damit wäre eigentlich schon alles gesagt. „Ich muss wissen, dass ich Herr im eigenen Haus bin“, schrieb Herrndorf. „Weiter nichts.“ Das hat er bis zum Ende vorgeführt. Der aufrechte Gang verdient Bewunderung.
GEORG AFANASJEW, Reutlingen
Ein Antwortversuch
■ betr.: „Manchmal ein Schock“, taz vom 6. 12. 13
Danke für die informative und einfühlsame Buchbesprechung von Wolfgang Herrndorfs „Arbeit und Struktur“. Allerdings findet sich darin ein Satz, dem ich energisch widerspreche: „Seinem Leben einen Sinn zu geben, das vermag nur der Mensch selbst.“ Lebenssinn können wir nur finden, indem wir antworten auf das, was uns im Leben widerfährt – was wir gehört, gesehen, gefühlt, geahnt haben. Herrndorfs Schreiben ist aus meiner Sicht sein Antwortversuch; modern gesprochen, seine „Sinn-Suchmaschine“.
JOCHEN KUHNEN, Immenhausen