Pionierinnen im Talar

FRAUEN Seit 50 Jahren gibt es Pastorinnen in der hannoverschen Landeskirche. Aber sie fehlen an der Spitze

Während Seine Königliche Hoheit Ernst August Prinz von Hannover im Kirchenparlament vornehm zurückhaltend „ein höchst behutsames Vorgehen“ anmahnt, zeigen andere ihr Entsetzen offen. „Heiratet das Zeug doch weg“, ruft ein Pastor Anfang der 1960er Jahre seinen Amtsbrüdern zu, um die Frau im Talar zu verhindern. Doch vergebens: Vor 50 Jahren, am 13. Dezember 1963, ist es soweit. Nach langen und kontroversen Debatten verabschiedet die hannoversche Landessynode mit vier Enthaltungen ihr Pastorinnengesetz und macht damit Frauen den Weg ins Pfarramt frei.

Ein halbes Jahrhundert später ist der Anteil der Pastorinnen in Deutschlands größter evangelischer Landeskirche auf ein Drittel gestiegen. Von den insgesamt 1.830 Pastorinnen und Pastoren sind 667 weiblich. Beim theologischen Nachwuchs, den Vikaren, stellen die Frauen mit zwei Dritteln bereits die Mehrheit. „In den kirchlichen Leitungsämtern hapert es allerdings noch deutlich“, räumt Landesbischof Ralf Meister ein. „Wir sind aber auf dem Weg.“

Mit den heute 40 bis 55-Jährigen gibt es ihm zufolge nun erstmals eine ganze Pastorinnengeneration, die für Leitungsaufgaben infrage kommt. Nach der Einführung der ersten Pastorinnen habe es etwa 15 Jahre gedauert, bis sie „auch nur ansatzweise anerkannt wurden“.

Tatsächlich wurden für diese Pionierinnen zunächst besondere „Pastorinnenstellen“ eingerichtet, so dass sich jedes Gemeindemitglied immer auch an einen männlichen Pastor wenden konnte. Die Pastorin trug laut Gesetz „eine dem Talar ähnliche Amtstracht“. Eine Zeitzeugin erinnert sich: „Das war kein modisches Problem, sondern eine Machtfrage.“

Bis 1969 eine Gesetzesreform verabschiedet wurde, mussten die Pastorinnen nach einer Heirat ihr Amt niederlegen. Eine schwangere Frau auf der Kanzel überstieg die Vorstellungskraft der Kirchenmänner. 1978 erst brachte ein neues Pfarrergesetz die völlige Gleichstellung.   (epd)