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Archiv-Artikel

hört auf den Sound der Stadt

TIM CASPAR BOEHME

Die Kunst des Plattenauflegens ist mittlerweile in eine Phase der Historisierung getreten. Wer sich heute entscheidet, DJ zu werden, reiht sich in eine jahrzehntealte Tradition ein und bewegt sich auf einem hochgradig ausdifferenzierten – und ziemlich übersättigten – Markt. Bei so viel Konkurrenzdruck werden auch die Konzepte für Club-Abende immer ausgefeilter. Die Londoner Reihe „A Night With …“ etwa bietet ihren Gästen einen Abend mit genau einem DJ, der für acht Stunden ohne Pause seinen Dienst versieht. Da ist es durchaus passend, für die zweite Ausgabe des deutschen Ablegers „Eine Nacht mit …“ am Donnerstag die britische DJ-Legende Greg Wilson zu verpflichten. In der gemütlichen Kantine am Berghain wird der seit 1975 an den Plattentellern aktive Wilson seiner Vorliebe für Electro und Disco nachgehen (Am Wriezener Bahnhof, 22 Uhr, 10 €).

Am Sonntagnachmittag kann man die große japanische Pianistin Mitsuko Uchida im Kammermusiksaal der Philharmonie mit einem der ergreifendsten kammermusikalischen Werke des 20. Jahrhunderts erleben: Olivier Messiaens „Quatuor pour la fin du temps“, das der Komponist während der Zweiten Weltkriegs in einem deutschen Kriegsgefangenenlager schrieb, reißt einen beim Hören mitunter sehr hoch hinauf – aber auch schon mal ganz schön tief hinab. Ebenfalls auf dem Programm steht das wunderbare Klaviertrio No. 2 von Franz Schubert, dessen Andante-Satz mit seinem klagenden Ohrwurmthema gern als Filmmusik verwendet wurde, unter anderem von Stanley Kubrick in seinem Historienfilm „Barry Lyndon“ (Herbert-von-Karajan-Str. 1, 16 Uhr, ab 15 €).

Auf der Grenze zwischen unterhaltsamer Spoken-Word-Performance und wild ausbrechender Freiform-Improvisation bewegt sich die Musik von Trophies, einem Projekt des in Berlin lebenden italienischen Komponisten Alessandro Bosetti. Ausgangsmaterial für seine Stücke sind eine Handvoll Sätze, scheinbar wahllos zusammengestellt, die er unablässig wiederholt, eine Art Sprachloop, dessen spezifischer Rhythmus von den anderen Instrumenten aufgegriffen und weiter gedacht wird. „You wait to publish until rubbish“ oder „Isn’t that something you do in a nightclub?“ lauten seine dadaistischen Mitteilungen, aus denen man sich dann seine eigenen Geschichten zusammenfantasieren kann. Am Schlagzeug unterstützt ihn der Australier Tony Buck, auch aktiv im Jazztrio The Necks, für elektrisierende Gitarrenaktivität sorgt der Japaner Kenta Nagai. Ein erfrischend intelligenter Spaß für die ganze Familie, zu erleben im WestGermany, das sich neuerdings NOrth Europe nennt (Skalitzer Str. 133, 21.30 Uhr).