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Archiv-Artikel

Plakate statt Kreuze

Ausstellung am Checkpoint Charlie erinnert an die Mauer. Sie ersetzt umstrittene Kreuzinstallation aus dem Vorjahr

Fast ein Jahr nach dem Abriss einer Mauerkopie tut sich wieder was am Checkpoint Charlie. Kultursenator Thomas Flierl (Linke.PDS) kündigte gestern an, dass dort bis 21. Juli eine Mauerdokumentations-Galerie mit Plakaten und Vitrinen entstehen soll.

Die Brachen am einstigen DDR-Grenzübergang waren 2004 weltweit in die Diskussion geraten. Alexandra Hildebrandt, Leiterin des benachbarten Museums Haus am Checkpoint Charlie, hatte dort eine Kopie der Mauer und 1.067 Holzkreuze aufgestellt, die an Todesopfer der DDR-Grenzen erinnern sollten. Die umstrittene Installation wurde im Juli 2005 wieder abgerissen, nachdem das Landgericht die Räumung zugelassen hatte.

Die Privatinitiative der Museumschefin hatte eine heftige Debatte über das Mauergedenken ausgelöst. Kultursenator Flierl hatte daraufhin ein umfassendes Konzept erarbeitet. Dazu gehört auch die Dokumentationsgalerie. Sie wird an einem Bauzaun angebracht, der die Brachen beidseits der Friedrichstraße abgrenzt. Die Tafeln sollen neben der Darstellung von den Einzelschicksalen der Fluchtopfer vor allem die europäische und internationale Dimension des Kalten Kriegs aufzeigen, „sodass jeder Besucher an dem Ort seine eigene Geschichte wiedererkennt“, sagte Monica Geyler, Geschäftsführerin des Berliner Forums für Geschichte und Gegenwart e. V. (BFGG), das im Auftrag des Senats die Dokumentation entwickelt hat. Das Forum war schon an mehreren Mauergedenkprojekten beteiligt.

Die Open-Air-Ausstellung kostet 194.000 Euro und wird durch den Hauptstadtkulturfonds finanziert. Geyer hofft, dass sie mindestens zwei Jahre stehen bleiben kann. Auch bei einer eventuellen Bebauung der Grundstücke könnten die Plakate am Bauzaun bleiben.

Die wissenschaftliche Betreuung übernahm das Zentrum für zeithistorische Forschung der Uni Potsdam. Dessen stellvertretender Leiter Konrad Jarausch sagte, die Plakatwand sei nicht als Konkurrenz zu Hildebrandts Museum gedacht. „Aber das Mauermuseum ist selbst ein Teil des Kalten Kriegs und kann sich in dieser Form nicht selber thematisieren“, so Jarausch.

Hildebrandt empörte sich über die Gedenkwand. Es sei unverschämt, dass Opfer und Beteiligte bei der Konzeption ausgegrenzt worden seien. Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin der Grünen, begrüßte hingegen die Ausstellung. Es bleibe aber peinlich, dass der Senat erst nach Hildebrandts Aktion reagiert habe. NADJA DUMOUCHEL