Markt ohne Anreize

SOLARTHERMIE Eine Haushaltssperre bremst die ökologische Wärmeerzeugung

Schon jetzt zeigen sich die negativen Auswirkungen der Haushaltssperre

VON TILMAN VON ROHDEN

Obwohl meistens über Strom geredet wird, hat er nur einen Anteil von rund 20 Prozent am gesamten Energiesektor. Dagegen dient mehr als die Hälfte des deutschen Energieverbrauchs der Wärmeproduktion. Deren Bedeutung im Kampf um eine Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs spiegelt sich in der öffentlichen Auseinandersetzung nicht wider. Die Folgen zeigen sich auch bei den Anwendungen: Es wird viel häufiger über Fotovoltaik als über Solarthermie – die der Wärmeerzeugung dient – geredet.

Insofern liegt es im Erwartungshorizont, dass die Bundesregierung vor wenigen Wochen eine Haushaltssperre verhängt hat, die die ökologisch arbeitende Wärmebranche hart trifft. Betroffen ist das Marktanreizprogramm des Bundes, mit dem die Wärmeproduktion aus erneuerbaren Energien staatlich gefördert wird. Mit dem Programm sollen veraltete Heizungen modernisiert werden. Die Installation von Solarkollektoren, Wärmespeichern, Heizungen für Pellets und Biomasse sowie Wärmepumpen sind betroffen.

Nachdem die Bundesregierung die Mittel für das Marktanreizprogramm zunächst um 19,5 Millionen auf 448,5 Millionen Euro gekürzt hat, griff im zweiten Schritt die Haushaltssperre. Neue Förderanträge für Investitionszuschüsse können zwar weiterhin beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) gestellt werden, aber Auszahlungen sind bis auf weiteres auf Eis gelegt.

Das Förderprogramm hat für die Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien eine hohe Bedeutung. Denn im Unterschied zum grünen Strom, der über die Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert wird, gibt es für eine klimaneutrale Wärmeerzeugung keine vergleichbaren finanziellen Hilfen. Insofern ist dem Wärmesektor eine zentrale Stütze weggebrochen.

Das Marktanreizprogramm wurde bisher gut aufgenommen. 2009 wurden beim Bafa mehr als 250.000 Anträge gestellt. „Schon jetzt“, so Daniel Kluge vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE), „zeigen sich die negativen Auswirkungen der Haushaltssperre“. In der Branche würden mittlerweile Aufträge storniert. „Wie befürchtet, haben sich die Verbraucher verunsichern lassen.“ Kluge sieht allerdings Rettung. Intensive Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern hätten die Einsicht in die Notwendigkeit dieses Programms gefördert. „Der BEE hat die begründete Hoffnung, dass die Haushaltssperre noch vor der Sommerpause aufgehoben wird.“

Wie notwendig eine staatliche Förderung ist, zeigt ein Blick auf die Marktdaten. Nur etwa 13 Prozent der Heizungen in Deutschland sind auf dem Stand der Technik, verbinden also Effizienz mit erneuerbaren Energien. Pro Jahr werden nur rund 3 Prozent der deutschen Heizungsanlagen ausgetauscht. Dies entspricht 600.000 neuen Anlagen pro Jahr. Das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 mindestens 14 Prozent des Wärmeverbrauchs mit erneuerbaren Energien abzudecken, kann so nicht erreicht werden. Hierfür wären jedes Jahr mindestens 1 Million Modernisierungen von Heizungen unter Einsatz von erneuerbaren Energien erforderlich. Lobbyistenverbände fordern deshalb, die Modernisierungsquote auf mindestens 6 Prozent zu verdoppeln.

Torpediert werden könnte dieses Ziel durch die anhaltend angespannte Haushaltssituation des Bundes. Es ist kaum zu erwarten, dass sich derzeit genügend Gelder im Bundeshaushalt auftreiben ließen, um ein solches Ziel finanziell angemessen zu flankieren. Nicht nur der Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH) fordert deshalb eine „Optimierung“ des Marktanreizprogramms durch „haushaltsunabhängige Modelle“. Mit anderen Worten: Mit einer neuen Abgabe auf Gas, Öl oder Kohle, die vom Verbraucher zu berappen wäre, soll eine klimaneutrale Wärmeerzeugung gefördert werden. Diese Idee ist nicht populär, würde aber ordentlich Geld in die Kassen spülen, wie ein Blick auf das EEG zeigt: 2009 lag die Vergütung für EEG-Strom bei insgesamt 10,3 Milliarden Euro. Auf die Fotovoltaik entfiel davon etwa ein Viertel. Die direkten Mehrkosten für die Verbraucher betrugen rund 4,9 Milliarden Euro. Das entspricht 1,2 Cent pro Kilowattstunde oder 3,50 Euro pro Monat für einen Haushalt mit 3.500 kWh Verbrauch im Jahr.