: Höhenschwindel im Bundeskanzleramt
BILDUNGSGIPFEL SPD-Länder geben CDU-Ländern die Schuld an mageren Ergebnissen
BERLIN taz | Die wichtigste Nachricht vom Bildungsgipfel verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits zu Wochenbeginn: Nicht gespart ist offenbar schon halb gewonnen. Denn wie sie dem gemeinsamen Ziel näherkommen sollen, deutlich mehr für die Bildung auszugeben, darüber waren sich Bundes- und Ländervertreter kurz vor Beginn des Bildungsgipfel am Donnerstag noch uneins. Bis Redaktionsschluss verhandelten Merkel und die Ministerpräsidenten noch im Kanzleramt.
Das Wort Bildungsgipfel hörte man in der Bundesregierung in den vergangenen Wochen nicht mehr so gern. Dabei war es die Bundeskanzlerin selbst, die das jährlich stattfindende Treffen mit den Länderchefs 2008 zum Bildungsgipfel erkor. Wollte sie Deutschland damals noch zur Bildungsrepublik machen, ging es ihr beim dritten Gipfeltreffen darum, die Länder bei der Stange zu halten.
Angesichts schrumpfender Etats stellen die Länder das vor zwei Jahren gemeinsam vereinbarte Ziel infrage, ab 2015 jeden zehnten Euro vom erwirtschafteten Gesamtvermögen in Bildung und Forschung zu stecken. Während die SPD-Länder am Zeitplan festhalten, aber mehr Geld vom Bund fordern, rücken die CDU-Länder vorsichtig vom sogenannten 10-Prozent-Ziel ab.
In einer Beschlussvorlage der CDU-Länder heißt es, die Realisierung sei schwieriger geworden. Sie schlagen vor, im Dezember 2014 Bilanz zu ziehen, was jedes Land in Schulen, Kitas und Hochschulen zuwege gebracht hat, und dann erneut zu verhandeln. „Wir sind enttäuscht vom Auftritt der CDU-Länder. Sie haben es aufgegeben, Druck auf den Bund auszuüben“, sagte der Berliner Senatssprecher Richard Meng, während die Chefs der Staatskanzleien noch verhandelten.
Nach Rechnung von Bund und Ländern müssten beide Seiten ab 2015 jährlich 13 Milliarden Euro zusätzlich in Bildung und Forschung stecken, damit das 10-Prozent-Ziel erfüllt wird. Der Bund bleibt bei seinem Angebot, 40 Prozent der Summe zu tragen, allerdings im Rahmen von Sonderprogrammen wie dem Qualitätspakt für die Lehre. Mit 2 Milliarden Euro sollen zehn Jahre lang Hochschulen gesponsert werden, die gute Lehre anbieten.
Die Länder möchten dagegen zusätzliche Umsatzsteuermittel für sich reklamieren und selbst entscheiden, wie sie sie ausgeben. Die Fachminister der Länder haben sich im Vorfeld des Treffens unter anderem darauf geeinigt, dass Kitaplätze ausgebaut werden sollen und die Anzahl der Neuntklässler, die nur auf Grundschulniveau lesen können, wesentlich reduziert wird. Allerdings fehlen konkrete Zielvorgaben, die Maßnahmen stehen zudem unter Finanzierungsvorbehalt. Angesichts des Zwists über die Finanzierung der Ziele waren die konkreten Maßnahmen am Ende der Verhandlungen zweitrangig.
Die Sprecherin des Bundestagsausschusses für Bildung und Forschung, Ulla Burchardt (SPD), nennt den Gipfel Schwindel und fordert tatsächliche Gemeinschaftsanstrengungen von Bund und Ländern. So müsse das Kooperationsverbot abgeschafft werden, das die Mitarbeit des Bundes in der Bildungspolitik ausschließt. ANNA LEHMANN