: Deutsche Polizei pfeift Fans an
GEWALT Mehr als 1.000 „Gefährder“ hat die deutsche Polizei im Vorfeld der Fußball-WM besucht. In Südafrika hat sie „szenekundige Spotter“, die die Fans beobachten
VON WOLF SCHMIDT
Wenn die deutsche Mannschaft im südafrikanischen Durban am Sonntag ihr erstes WM-Spiel bestreitet, werden fünf „Spotter“ der deutschen Polizei vor Ort sein und die Fans beobachten. Neben diesen „szenekundigen Beamten“ sind sechs weitere Beamte von Bundeskriminalamt und den Länderpolizeien in Südafrika. Dies und weitere Details zum Einsatz der deutschen Behörden während der WM geht aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion hervor.
Demnach hat es im Vorfeld der WM in Deutschland 1083 sogenannte Gefährderansprachen gegeben. Dabei werden üblicherweise Personen, von denen die Behörden Gewalttaten befürchten – etwa bei Public-Viewing-Veranstaltungen – besucht oder schriftlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Polizei sie im Blick hat. „Fast noch besser als die deutsche Nationalmannschaft haben sich offenbar die deutschen Sicherheitsbehörden auf die WM vorbereitet“, sagte Jan Korte, Bundestagsabgeordneter der Linken, der taz.
Laut Regierung sind in der Datei „Gewalttäter Sport“ zur Zeit die Daten von circa 12.000 Personen gespeichert. „Die unglaubliche Datensammelwut der Behörden steht in keinem Verhältnis mehr“, sagte Korte. Die auch als Hooligan-Datei bekannte Sammlung ist umstritten. An diesem Mittwoch hätte das Bundesverwaltungsgericht sie wohl gekippt, wäre nicht am selben Tag eine Verordnung des Innenministeriums in Kraft getreten, die ihr eine Rechtsgrundlage gibt.
Indirekt räumt das Innenministerium in seiner Antwort ein, dass es „im Einzelfall“ auch zu einer Übermittlung der Daten aus der Hooligan-Datei an südafrikanische Behörden kommen kann. „Eine Übermittlung von Daten an ausländische Polizeibehörden erfolgt nur auf schriftliche Anforderung des jeweiligen Staates, der die Daten nutzen möchte“, heißt es dort. Eine „standardisierte Übermittlung“ finde aber nicht statt.
Es sei auch möglich, Einzelnen die Ausreise nach Südafrika zu untersagen, so das Innenministerium. „Die Entscheidung über die Untersagung der Ausreise deutscher Staatsangehöriger wird einzelfallbezogen getroffen“, heißt es. Allein ein Eintrag in der Hooligan-Datei reiche dafür aber nicht aus. Insgesamt erwartet das Innenministerium aber keine nennenswerte Zahl von gewaltbereiten Fans, die aus Deutschland nach Südafrika reisen. „Das Interesse der deutschen Problemfanszene an einem Besuch der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika ist gering“, heißt es.
Trotzdem werden an den Spielorten der deutschen Mannschaft die „Spotter“ der Polizei im Einsatz sein. Drei deutsche Polizeibeamte werden zudem im Polizeikooperationszentrum in Pretoria sitzen. Dies ist dem National Joint Operation Centre beigeordnet, das alle Sicherheitsmaßnahmen koordiniert. Neben der südafrikanischen Polizei sind dort auch das Militär und die Geheimdienste vertreten.