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Archiv-Artikel

Jetzt kombiniert auch Wulff

Niedersachsen will es mal wieder allen zeigen und ab Juli jährlich 2.000 Langzeitarbeitslose mit Kombi-Löhnen in Arbeit bringen. Das Modell ist umstritten: Opposition und Gewerkschaften fürchten Lohndumping und Mitnahmeeffekte

von Kai Schöneberg

Auch wenn der Bund im Herbst sein eigenes Modell vorstellen will, spricht Christian Wulff vom „Stimmungswandel“ auf dem Arbeitsmarkt und davon, dass er bereits „sehr gute Gespräche mit Franz Müntefering“ gehabt hat. Aber daran, dass Opposition und Gewerkschaften das niedersächsische Lohnzuschuss-Modell als „Etikettenschwindel“ und „Kombi als Zombie“ geißeln, kann Niedersachsens CDU-Regierungschef an diesem Tag in Hannover wenig ändern. Vor Experten aus Wirtschaft und Kommunen wollte die Landesregierung gestern den offiziellen „Startschuss für den Niedersachsen-Kombi“ abfeuern, mit dem ab 1. Juli Langzeitarbeitslose in Beschäftigung gebracht werden sollen. Der Kombilohn sei „kein Allheilmittel“, sagte Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP). Der Liberale hat naturgemäß seine Probleme mit staatlichen Zuschüssen. Und dennoch schätzt Hirche, dass mit dem Kombilohn jährlich 2.000 neue Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden könnten.

Bis zu zehn Monate bekommen Arbeitgeber für die Einstellung eines Langzeitarbeitslosen künftig bis zu 400 Euro monatlich, der Arbeitnehmer erhält einen Zuschuss von 200 Euro und einen Ausbildungsgutschein in Höhe von bis zu 2.000 Euro, wenn er nicht mehr als 1.500 Euro brutto verdient. Vorbild ist die Regelung in Hamburg (siehe Artikel unten).

„Bekanntheit und Einfachheit“ seien besonders wichtig, damit die Kombi wirken könne, betonte Ulrich Walwei vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. „Der Subventionswert ist gar nicht so entscheidend“, meinte auch Bernhard Proksch vom Hamburger Amt für Wirtschafts- und Stukturpolitik. Ausschlaggebender sei, dass Bosse wie Langzeitarbeitslose das Modell verstünden. „Man muss einfache Wege gehen: Keine langen Formulare“, erklärte Sonja Gartenmann vom Landkreis Osnabrück, wo seit gut zwei Monaten ein Kombi-Pilot läuft. Dort seien inzwischen 36 Stellen für schwer Vermittelbare geschaffen worden. In Niedersachsen gebe es bis zu 30.000 jüngere und ältere Langzeitarbeitslose, die von dem Programm profitieren könnten, sagte der Geschäftsführer der Landesarbeitsagentur, Klaus Stietenroth. Dazu, ob er den Kombi-Lohn für sinnvoll halte, sagte Stietenroth nichts.

„Wir wollen keine Dauersubvention von Unternehmen, sondern eine zeitlich befristete und zielgenaue Förderung“, betonte Wulff. Vor Lohndumping und der Gefahr, „dass Arbeitgeber dauerhaft staatlich alimentiert werden“, warnte dagegen DGB-Landeschef Hartmut Tölle. Langzeitarbeitslose könnten durch Hartz IV längst mit Mini-Jobs, Zuschüssen und Einstiegsgeld gefördert werden, sagt der Grüne Enno Hagenah. „Weder dabei noch bei den 15 regionalen Kombilohnmodellen hat sich bislang überzeugender Erfolg eingestellt“.

Während Arbeitsminister Müntefering eine bundesweite Regelung wolle, die Mindestlöhne einschließt, setze Wulff „auf blinden Aktionismus“, kritisierte SPD-Landeschef Garrelt Duin. Statt „Arbeitslosen zu helfen, inszeniert sich der Ministerpräsident mal wieder selbst.“ Müntefering hatte dem Ministerpräsidenten sogar „Eulenspiegelei“ vorgeworfen, weil das Modell zwar Niedersachsen-Kombi heißt, aber ausschließlich Bund und EU zahlen. Von ihm aus könne man das Modell auch „Münte-Kombi“ nennen, sagte Wulff.