betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Es ist in diesen Tagen zu beobachten, dass überall recht inflationär von Liebe und Erlösung die Rede ist. Es ist aber ebenso zu beobachten, dass diese Liebe und auch die Entfernung bis zur Erlösung im Wesentlichen an Materiellem und anderem Tand von Menschenhand bemessen wird. Den Widerspruch zwischen Botschaft und Materialschlacht des Weihnachtsfestes beleuchtete vor fast 200 Jahren schon Charles Dickens in seinem frühkapitalistischen Weihnachtsmärchen „A Christmas Carol“ und in Person seiner Hauptfigur Ebenezer Scrooge. „Kein Wind war schneidender als er, kein Schneegestöber erbarmungsloser, kein klatschender Regen einer Bitte weniger zugänglich. Ein wahrer Blutsauger, der, geläutert durch die Geister der Weihnacht, sich zu einem Wohltäter und freundlichen Mitmenschen wandelte“, schreibt das Ballhaus Ost, wo nun, 171 Jahre nach seiner Erfindung, der Choral vom bösen Scrooge wieder angestimmt wird: „Denn Mr. Scrooge ist wieder da. Er wohnt heute in einer Global City praller Finanzströme. Berauscht von seinen Transaktionen, überwältigt von seiner Performance, bringt er Verwirrung, Kälte und Einsamkeit unter die Menschen. Glaubt uns!“ – „Bling! Bling! Ein Geisterweihnachtslied in Prosa nach Charles Dickens“ haben Sebastian Mauksch und Johannes Kraak ihr Weihnachtsstück überschrieben, das am Donnerstag im Ballhaus Ost Premiere hat. (Ballhaus Ost: „Bling! Bling! Ein Geisterweihnachtslied in Prosa nach Charles Dickens“, 19.–22. Dezember)

Weihnachten, das ist natürlich auch das Fest der Heuchler und Krokodilstränenvergießer. Einer der größten und vor allem schillerndsten Theaterheuchler ist bis heute Molières „Tartuffe“, der sich als falscher Messias ins Haus Orgon einschleicht und lange dort sein Unwesen treiben und gar der Hausherrin an die Wäsche gehen kann im Namen des Herrn. Ein gefundenes Fressen für den Extremschauspieler Lars Eidinger, der den Tartuffe nun an der Schaubühne spielt, Regie: Michael Thalheimer. (Schaubühne: „Tartuffe“, Premiere: 20. 12., 20 Uhr)

Immer wieder empfehlenswert sind auch die Weihnachtsspecials der Volksbühne, die traditionelle Russendisko am Heiligen Abend oder „Sophie Rois macht Theater“ am zweiten Weihnachtstag.

Und dann ist Silvester! Da gehen wir doch einfach mal ins neue Maxim Gorki Theater beziehungsweise dessen Studio R, wo eine Silvesterparty u. a. mit Blini und Kaviar und dem tollen Allroundkünstler Dimitri Schaad und anderen Musikern steigen wird. (Gorki Theater: „Silvester – S novim godom!“ 31. 12. ab 22 Uhr)

Und dann fängt um Mitternacht auch schon das Jahr 2014 an! Euch allen viel Glück!