: Wärme in der Winterkälte
Im Winterhalbjahr hat die Kältehilfe viel zu tun – dank Ehrenamt und Spenden gibt es Kältebusse und Nachtasyl für die vielen Obdachlosen der Stadt
■ Der Kältebus der Stadtmission ist täglich von 21 bis 3 Uhr morgens unter 0178 523 58 38 erreichbar.
■ Der Bus des DRK wird Wärmebus genannt und fährt jeden Tag von 18 bis 24 Uhr. Er kann unter dem Wärmebus-Handy 0170 910 00 42 angerufen werden.
Die Busse stimmen sich ab. Neben den Fahrten in die Notunterkünfte geben Sozialarbeiter und ehrenamtlichen Sanitäter auch Kleidung, Schlafsäcke und warme Getränke aus.
■ Im Netz: kaeltehilfe-berlin.de
Es riecht beißend im Hausflur. Schielt man die Treppe in den Keller hinunter, liegt am Sockel eine Gestalt im Schlafsack. Zwar gibt es einen bundesweit einmaligen Zusammenschluss von verschiedenen Trägern für eine „Kältehilfe“ in Berlin. Doch nicht jeder Betroffene will auch in einer der 30 Unterkünfte übernachten – egal wie kalt es draußen ist.
„Manche haben Angst, beklaut zu werden“, sagt Lina Antje Gühne, Pressesprecherin des Kältehilfe-Trägers Gebewo, „oder Angst vor geschlossenen, vollen Räumen“. Denn die 17 Notübernachtungen und 13 Nachtcafés, die noch bis zum 31. März geöffnet sind, werden intensiv genutzt, auch bei milderen Temperaturen. „Wenn es richtig kalt wird, ist die Auslastung eher bei 110 Prozent“, sagt Gühne.
Die Einrichtungen der Kältehilfe bieten 393 Schlafplätze in den Notunterkünften an, dazu kommen Nachtcafés, die nicht jeden Tag geöffnet haben. Offiziell gibt es insgesamt 502 Plätze, manche Notunterkünfte lassen jedoch mehr Leute rein. Diakonie, Caritas und DRK gehen von über 11.000 Wohnungslosen in der Stadt aus, von denen die meisten jedoch irgendwo einen Platz zum Schlafen haben. 1.000 bis 1.500 Menschen, schätzt die Gebewo, leben ohne Obdach auf der Straße. Für diese gibt es von November bis März die Kältehilfeunterkünfte.
Der Senat zahlt 15 Euro pro Nacht und Schlafgelegenheit, aber nicht jede Einrichtung hat richtige Betten, manchmal gibt es auch nur Isomatten. Die Ausstattung der einzelnen Cafés ist unterschiedlich, manchmal gibt es eine Suppenküche, teilweise können die Besucher Wäsche waschen.
Für alle, die den Weg zur Unterkunft nicht alleine schaffen, aber auch um übervolle Einrichtungen zu entlasten, transportieren Busse der Berliner Stadtmission und des Roten Kreuzes die Obdachlosen in Notunterkünfte und Nachtcafés. Der erste sogenannte Kältebus startete bereits vor 17 Jahren. Trauriger Anlass war der Erfrierungstod eines Obdachlosen.
Die Stadtmission legt bei ihren Touren den Schwerpunkt auf Sprachkenntnisse. „Deren Fahrer sprechen viele Sprachen“, weiß Rüdiger Kunz, Pressesprecher Rotes Kreuz (DRK) Berlin zu berichten. Der Bus des DRK ist zugleich Rettungsdienst mit ehrenamtlichen Sanitätern an Bord. Viele Obdachlose sind nicht krankenversichert. Der Gesundheitszustand der Obdachlosen habe sich im Vergleich zu vergangenen Jahren verschlechtert, sagt Kunz. „Oft sind es Krankheiten, die man beim ersten Hinsehen schon erkennt: Schlechte Zähne, offene Beine“, sagt Kunz, warum das so ist, kann er nicht begründen. „Mit Bewertungen halten wir uns zurück“.
Wer die Kältehilfe unterstützen möchte, sollte Geld, BVG-Tickets und lang haltbare Lebensmittel spenden. Kleidung, Unterwäsche und Schuhe vor allem für Männer brauchen die Kleiderkammern, sagt Lina Antje Gühne. „Große Schuhgrößen sind gefragt“, sagt Rüdiger Kunz, denn bei Verletzungen tragen die Betroffenen gerne mal ein bis zwei Nummern größer.
„Es ist wichtig, aufmerksam zu sein“, sagt Lina Antje Gühne. Aber wenn ein Obdachloser in der Kälte liegt, sollte man ihn auf jeden Fall ansprechen, bevor man den Kältebus ruft, ob er auch wirklich in eine Unterkunft will, sagt Lina Antje Gühne. „Manchmal reicht auch schon ein Kaffee oder ein Brötchen“.
„Uns fehlen Schlafsäcke dieses Jahr“, ergänzt Rüdiger Kunz. „Vor allem fehlen uns Schlafsäcke, die auch für kalte Temperaturen geeignet sind“. Wenn Spender sichergehen wollen, dass Kleider, Isomatten und Schlafsäcke direkt bei den Obdachlosen ankommen, könne man die Spenden direkt in der Landesgeschäftsstelle des DRK abgeben, so Kunz.
Neben Sach- und Geldspenden braucht die Kältehilfe auch ehrenamtliche Helfer. Dafür sollten sich Interessierte jedoch direkt an die Einrichtungen in ihrer Nähe wenden. Eine Liste aller Angebote gibt es auf der Webseite der Kältehilfe Berlin.
SVENJA BEDNARCZYK