piwik no script img

Archiv-Artikel

Der rechte Rand Peinlicher Anhang

Eine Einladung zu zwei Veranstaltungen der „Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft“ (SWG) in Hannover sorgt für Irritiationen. Reinhard Uhle-Wettler, der SWG-Bundesvorsitzende, möchte die mit der Einladung mitgeschickte Anlage als „nicht übersandt“ betrachtet wissen. Vor allem will der Brigadegeneral a.D., dass der beigelegte Artikel „keinesfalls mit der SWG in Zusammenhang gebracht“ werde.

Die Einladungen waren am 10. Mai vom hannoverschen SWG-Regionalleiter Frank Binnewies verschickt worden. In der Anlage spekuliert Binnewies über die „wahren Verluste des jüdischen Volkes in Europa während der Nazi-Herrschaft“. Dazu hatte er einen Artikel aus den „Baseler Nachrichten“ vom 13. Juni 1946 kopiert. Unter dem Titel „Wie hoch ist die Zahl der jüdischen Opfer“ wird dort ausgerechnet, dass sich diese Zahl „zwischen 1 und 1,5 Millionen“ bewege.

In Europa, so die Rechnung, hätten nur 5 Millionen Juden gelebt, „die überhaupt in den Machtbereich Hitlers geraten“ hätten können. Davon müsse zunächst der „gewaltige Flüchtlingsstrom“ abgezogen werden. Von den verbleibenden „höchstens 3 Millionen“ gingen schließlich die noch lebenden Juden ab. Das Ergebnis: „alles in allem weniger als 1,5 Millionen Juden“ dürften „als ‚tot oder vermißt‘ bezeichnet werden“. Sicher sei: „Die Behauptung, dass diese Zahl 5- 6 Millionen beträgt, ist unwahr“.

Am 20. Mai, keine zehn Tage, nachdem dieser Zeitungsausschnitt in der Welt war, folgte das Schreiben des Bundesvorsitzenden, in dem er erklärt, dass die Anlange irrtümlich versandt wurde. Und der General forderte: „Sie ist bitte zu entnehmen, zu vernichten“. Keinesfalls dürfe sie weitergegeben werden.

„Ja, diesen Brief habe ich verschickt“, erklärt Binnewies gegenüber der taz. Er habe nicht gewusst, dass der SWG-Vorstand einen Beschluss gefasst hätte, sich „mit der jüdischen Vergangenheit nicht zu beschäftigen“. „Der Beschluss“, vermutet der Diplom-Finanzwirt, sei wohl gefallen, „um die Gemeinnützigkeit nicht zu verlieren“.

Der SWG-Leiter denkt aber nicht, dass bei der „gewaltigen Bedeutung, die gerade die ‚Ausrottung der Juden‘ in der Weltmeinung hat“, endlich ein Untersuchungsausschuss die „Verluste“ überprüfen sollte. Er meint auch: „Das waren keine 6 Millionen“. Ein „Holocaustleugner“ sei er nicht, sagt Binnewies. Er wolle aber „weiterhin aufklären“. Seine SWG-Funktion darf er behalten.