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Archiv-Artikel

Gramm, Milliliter und Prozente

LOBBY Das GDA-Modell der Industrie hat sich vorerst durchgesetzt. Wie funktioniert das? Drei Beispiele

BERLIN taz | Die Abstimmung im Europäischen Parlament über die Nährwertkennzeichnung ist ein Sieg für die Industrie und ihr GDA-Modell: Bei diesem System zeigen einfarbige Zahlen in tonnenförmigen Flächen auf der Verpackung, wie viel Prozent der empfohlenen Tagesration des jeweiligen Nährstoffs eine Portion liefert. Wie das in der Praxis aussieht? Hier drei Beispiele:

Coca-Cola: Im Feld für Kalorien steht im GDA-Kompass „105 kcal“. Darunter die Angabe „5 %“. Das bedeutet: Wer eine 250-Milliliter-Portion Coca-Cola trinkt, nimmt 5 Prozent der empfohlenen Tagesration zu sich. Bei der Berechnung der Tagesration geht die Industrie davon aus, dass ein Erwachsener pro Tag 2.000 Kilokalorien zum Leben benötigt. Im Feld für Zucker steht „27 g“. Das sollen 29 Prozent dessen sein, was täglich empfohlen ist. Fett, gesättigte Fettsäuren und Natrium bekommen jeweils eine Null, weil die Brause keinen dieser Nährstoffe enthält. Bei der Ampelkennzeichnung wäre die Fläche für Zucker rot gefärbt. Das bedeutet „hoch“, wie auch ausdrücklich dabeisteht. Daneben ist das Gewicht des enthaltenen Zuckers pro 100 Milliliter angegeben. Außerdem erhielte Coca-Cola drei grüne Flächen, weil sie weder Fett, gesättigte Fettsäuren noch Salz enthält. Die Kalorienzahl ist in einer weißen Fläche ohne Einstufung angegeben.

M&M’s Schokolinsen (Mars): Die GDA weist zunächst auf den Energiewert hin: 228 Kilokalorien, 11 Prozent der Kalorien, die ein Erwachsener täglich zu sich nehmen sollte. Das gilt für 45 Gramm, während sich die Angaben für die Cola ja auf 100 Milliliter bezogen. Denn bei der GDA können die Hersteller die Mengen frei wählen. 45 Gramm M&M’s enthalten zudem 24,1 Gramm Zucker, was 27 Prozent der Tagesdosis entspricht. Die weiteren angegebenen Werte: 11,4 Gramm Fett = 16 Prozent der täglichen Ration. 4,5 Gramm gesättigte Fettsäuren = 23 Prozent. 0,03 Gramm Natrium = 1 Prozent. Die Ampel würde bei den M&M’s dreimal Rot zeigen: für Fett, gesättigte Fette und Zucker. Aber es gäbe auch ein Grün: für einen geringen Anteil Natrium, der hier „Salz“ hieße. Daneben stünden die absoluten Mengenangaben immer bezogen auf 100 Gramm oder 100 Milliliter.

Fitness Fruits (Nestlé): Dieses Frühstücksmüsli wird im GDA-System mit 141 Kilokalorien pro 40 Gramm gekennzeichnet – 7 Prozent der empfohlenen Tagesration. Bei Zucker kommen die Fittnessfrüchte auf 14,1 Gramm und 16 Prozent. Und sonst? Fett: 0,9 Gramm = 1 Prozent. Gesättigte Fettsäuren: 0,5 Gramm = 3 Prozent. Salz: 0,4 Gramm = 6 Prozent. Im Ampelmodell würde das Nestlé-Produkt eine rote Fläche kassieren: Für einen hohen Zuckergehalt. Eine gelbe Fläche gäbe es wegen der mittelgroßen Salzmenge. Aber das Müsli hätte auch zwei grüne Flächen, weil es wenig Fett und wenig gesättigte Fettsäuren enthält. JOST MAURIN