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Archiv-Artikel

„Die Rente mit 67 ist grober Unfug“

WASG-Vorstand Ernst begrüßt die Bedenken der Altenberichts-Kommission gegen den späteren Renteneintritt

taz: Herr Ernst, die Kommission für den Altenbericht hält die Rente mit 67 gegenwärtig für unvertretbar. Das wusste schon die alte Regierung, aber auch die Regierung Merkel hat das Ergebnis nicht veröffentlicht. Fühlen Sie sich hintergangen?

Klaus Ernst: Es sieht so aus, als hätte die Bild-Zeitung die Studie vor den Abgeordneten bekommen. Es zeigt sich, dass die Bundesregierung ihre Politik im stillen Kämmerchen betreibt und die Abgeordneten vor vollendete Tatsachen stellen will, weil sie weiß, dass der Bericht die Politik der Bundesregierung kritisiert.

Die Kommission warnt vor der Rente mit 67. Das ist doch Wasser auf Ihre Mühlen.

Ja klar, wir haben immer gesagt, dass die Rente mit 67 grober Unfug ist. Es wird auch in Zukunft nicht mehr Arbeitsplätze geben. Deshalb wird die Erhöhung des Rentenalters dazu führen, dass die Rente schlichtweg gekürzt wird. Wer vor dem 65. Lebensjahr in Rente geht, hat dann Rentenabschläge von insgesamt 7,2 Prozent.

Wenn es nach der SPD-Linken geht, soll es nicht für alle Abschläge geben. Die wollen chronisch Kranken helfen, indem sie die Erwerbsunfähigkeitsrente wiedereinführen.

Ich halte schon den Versuch, das gesetzliche Rentenalter heraufzusetzen, für grundfalsch. Und die Versuche, mit kleinen Pflästerchen die schlimmsten Folgen abzumildern, sind absolut untauglich.

Aber viele Menschen wollen länger arbeiten und können das auch, weil sie wesentlich gesünder sind als die Menschen vor dreißig Jahren.

Das ist ja nicht nur eine Frage des Wollens, sondern eine Frage des Könnens. Wenn es keine Arbeitsplätze gibt, dann werden die Alten auch nicht arbeiten können, selbst wenn das Rentenalter hinaufgesetzt wird.

Experten sagen, dass in 20 Jahren die Arbeitslosigkeit beseitigt ist und sogar ein Arbeitskräftemangel besteht. Da könnte man doch die Leute bis 67 arbeiten lassen?

Die Aussagen der Professoren sind dann am genauesten, wenn sie begründen, warum ihre Prognosen nicht eingetroffen sind. Selbst die Voraussagen über die Entwicklung der Konjunktur über ein, zwei Jahre sind nicht sonderlich zuverlässig. INTERVIEW: M. MUCH