: Tanz die Cumbia
Eine Cumbia ist ein lateinamerikanischer Tanz, verwandt mit der Salsa, und wie eigentlich jede lateinamerikanische Musik eine Mischung aus afrikanischen, indianischen und spanischen Elementen, zu der man prima sich schütteln kann zum Trommeln. Woraus sich im Wesentlichen das Wort zusammensetzt mit „cum“ für Trommel und „ia“ für sich bewegen. Was man mit der Cumbia vorzugsweise als Schunkel- und Kirmes-Vergnügen machte, das nun allerdings so hip ist wie Boxautofahren nach der Pubertät.
In der taz kommt die Cumbia noch nicht so oft vor. Deswegen stößt man im Archiv schnell auf einen vergangenen Oktober erschienenen Artikel des New Yorker DJs und Autors Jace Clayton, „Der Gipfel der Coolness“ betitelt, in dem die Cumbia in einen Hipster-Diskurs eingestellt wird. Dabei erwähnt Clayton die Leiden der peruanischen Hipster, die sich plötzlich für die bis dato nur naserümpfend als hinterwäldlerisch wahrgenommene Tanzform aus eigenem Anbau interessieren müssen, nur weil im fernen New York eine Compilation mit peruanischen Cumbias aus den Siebzigern erschienen ist. Die muss dann schon als teure Import-CD in den peruanischen Hipster-Haushalt einverleibt werden, während die Originalwaren in Limas Secondhandläden weiter Staub ansetzen.
Der Hipster: eine verzwickte Figur aus Trend-Scout, Trend-Hörigkeit und Trendablehnung. Das alles, transzendierend, in einem.
Bleibt die Frage, ob der hiesige Hip-Mensch, wenn aus einem dummen Zufall tatsächlich die Polka das crazy Ding aus Böhmen wäre, auch nicht raus auf die Flohmärkte ginge, um für wenige Cent die Schätze von Ernst Mosch und Slavko Avsenik und seinen Oberkrainern zu heben.
Die Polka jedoch wird es schätzungsweise nicht werden. Zu hinterwäldlerisch, dieses Schunkel- und Kirmes-Vergnügen.
Aber die Cumbia kommt. Immer stärker. Jetzt auch aus Berlin. Basisarbeit leistet das DJ-Kollektiv La Chusma, das nun auch als Label fungiert. Erste Veröffentlichung: die Compilation „Cumbia Bestial“, mit der ein international angelegter Überblick gegeben wird, wie die Cumbia mit Hip-Hop, Electro, Rock, Dub, Loops und sonstigen Dancefloor-Tricks für die gegenwärtigen Tanzbodenverhältnisse zurechtgeknautscht werden kann. Fans vom Mestizo-Rock sollten sich hier ohne Probleme zurechtfinden, während Cumbia-Traditionalisten vielleicht doch besser die Finger von „Cumbia Bestial“ lassen, weil hier die Cumbia oft nur noch als Spurenelement für das Latino-Flavour sorgt. Am Samstag wird der Sampler unter anderem mit Systema Solar aus Kolumbien im Festsaal Kreuzberg vorgestellt. THOMAS MAUCH
■ Cumbia Bestial: Festsaal Kreuzberg, Samstag, 22 Uhr. 10 €