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Archiv-Artikel

Sternehotels, Weinberge und attraktive Vertriebssysteme

ZEITUNG Die WAZ-Gruppe beendet ihr Engagement in Serbien. Dort spekuliert man über Verknüpfungen des Konzerns mit einem dubiosen Geschäftsmann

Der Entschluss des deutschen Medienkonzerns WAZ, sich aus Serbien zurückzuziehen, hat in der Region ziemlichen Staub aufgewirbelt und zu allerlei Spekulationen über die Verwicklung des Konzerns in Machenschaften dubioser Geschäftsleute geführt.

Die WAZ-Gruppe gehört zu den großen Investoren in Südosteuropa, hat in Ungarn, Rumänien, Kroatien, Bulgarien und auch in Serbien Fuß gefasst und erhebliche Marktanteile erreicht. In Serbien hatte sich der Konzern 2001 an der Zeitung Politika, der wichtigsten Zeitung des Landes, mit 50 Prozent beteiligt, die Zeitung Dnevnik in Novi Sad übernommen und vor allem ein unabhängiges Vertriebssystem aufgebaut.

Rechter Widerstand

Vor kurzem noch versuchte der Konzern auch bei der nationalistischen Zeitung Vecerni Novosti einzusteigen. Der Schriftsteller und Ideologe des serbischen Nationalismus Dobrica Cosic warnte vor der „Liquidation der letzten Volkszeitung“.

Seit Jahren schon verhinderten nationalistische Kreise die Übernahme der Zeitung durch Ausländer und vor allem durch die WAZ-Gruppe. Sie befürchteten – wahrscheinlich zu Recht –, das Blatt würde in diesem Falle an politischem Profil verlieren.

Jetzt brauchen diese Leute sich nicht mehr zu fürchten. „Die Mediengruppe WAZ hat entschieden, ihr Engagement in Serbien zu beenden und sich schrittweise aus dem Land zurückzuziehen“, hieß es in einer Erklärung des Unternehmenssprechers Paul Binder vom vergangenen Dienstag.

Als Begründung wurde lediglich angegeben, WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach habe in einem vertraulichen Brief an den serbischen Präsidenten Boris Tadic „die Erfahrungen als Investor in Serbien geschildert “.

Diese geheimnisvolle Andeutung gibt Informationen aus Belgrad Nahrung, der WAZ-Konzern habe einen zu engen Kontakt mit dem Geschäftsmann Stanko Subotic gepflegt. Der von der Schweiz aus agierende Geschäftsmann hat in ganz Europa mit Schwerpunkt Südosteuropa ein verschachteltes Netzwerk von Firmen aufgebaut, das von Textilfirmen bis hin zu einem Sternehotel in Montenegro und Weinbergen in Frankreich reicht.

Subotic soll nach Ermittlungen des serbischen Innenministeriums in Zigarettenschmuggel und Steuerhinterziehung verwickelt sein. Die kroatische Zeitung Nacional bezeichnete Subotic als den Boss eines weitverzweigten Netzwerkes mafiöser Zusammenhänge. Der Beschuldigte bezichtigte die Zeitung wiederum, eine Kampagne im Auftrag eines Konkurrenten gegen ihn zu führen.

Im Jahr 2003 erwarb Subotic die serbische Firma Duvan, die über ein großes Vertriebsnetzwerk an Kiosken verfügt. Danach begann Subotic 2004 mit der WAZ-Mediengruppe zusammenzuarbeiten. Nach Quellen aus Belgrad versuchte Subotic über Mittelsmänner, mit einem Kredit von 50 Millionen Euro, davon mit 26 Millionen Euro Aktien, die Zeitung Novosti aufzukaufen, ein großer Teil des Geldes aber ist offenbar verschwunden.

Die WAZ-Gruppe soll bei den Banken für 50 Millionen Euro gebürgt haben. Der Sprecher des WAZ-Konzerns Paul Binder antwortete auf eine Anfrage unserer Zeitung in Bezug auf die Verbindung des Konzerns zu Subotic nicht. ERICH RATHFELDER