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Archiv-Artikel

Der Herr nimmt es...

Die Evangelische Kirche im Rheinland will Eltern für den Schulbesuch ihrer Kinder zahlen lassen. Andere Kirchen könnten dem Beispiel folgen. Kritiker befürchten sozialen Druck und „Selektion“

VON KLAUS JANSEN

Eltern sollen sich den Schulbesuch ihrer Kinder etwas kosten lassen. Die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) will an den von ihnen betriebenen Schulen künftig Elternbeiträge erheben. Nach Informationen des WDR sollen Eltern ab dem kommenden Jahr freiwillig monatlich 30 Euro für ihr erstes Kind sowie 15 Euro für jedes folgende Kind zahlen. EKiR-Sprecher Peter Iven bestätigte der taz entsprechende Pläne. Die Höhe der Gebühren stehe aber noch nicht fest. Ein verpflichtendes Schulgeld sei ausgeschlossen.

„Wir müssen unsere Einnahmequellen dauerhaft und planbar verbessern“, sagte Iven. Andernfalls müsse die Kirche einige ihrer bislang zehn Schulen schließen. Iven betonte allerdings, dass die Auswahl der Schüler nicht vom Einkommen ihrer Eltern abhängig gemacht werde: „Das würde unserem evangelischen Glaubensverständnis widersprechen“, sagte er. „Ich hoffe aber, dass die Eltern die Qualität unserer Schulen honorieren und dass es ihnen etwas wert ist, dass ihre Kinder bei uns ausgebildet werden.“

Ein verpflichtendes Schulgeld ist in Nordrhein-Westfalen rechtlich nicht erlaubt – freiwillige Elternbeiträge allerdings schon. „Von unserer Seite ist daran nichts auszusetzen“, sagt Andrej Priboschek, Sprecher des CDU-geführten nordrhein-westfälischen Schulministeriums. Die durch sinkende Kirchensteuereinnahmen in Finanznot geratenen Kirchen versuchen nun, das Einnahmepotenzial zu nutzen: Die Evangelische Kirche Westfalens denkt nach Angaben ihres Sprechers Andreas Duderstedt ebenfalls bereits über ein Elterngeld nach – allerdings erst mittelfristig und „in weniger konkreter Form“ als die Glaubensbrüder im Rheinland.

Bereits ausprobiert hat die Abgabe das für seine besonders miserable Finanzlage bekannt gewordene Bistum Aachen. Seit einem Jahr bitten die katholischen Schulen im Grenzland um 10 Euro monatlich für das erste und 5 Euro für das zweite Kind gebeten. Die Resonanz ist positiv: „60 bis 80 Prozent der Eltern zahlen tatsächlich“, sagt Sprecher Franz Kretschmann.

Andere Kirchenvertreter warnen dennoch vor den Elternbeiträgen: „Wir machen das nicht, weil wir befürchten, dass sich sozial Schwächere von uns ausgegrenzt fühlen“, sagt Manfred Becker-Huberti, Sprecher des Erzbistums Köln. Es dürfe nicht zu einer „Selektion“ unter den Schülern kommen, fordert er. „Sozialen Druck“ befürchtet auch der NRW-Chef der Lehrergewerkschaft GEW, Andreas Meyer-Lauber: „Elternbeiträge sind eine indirekte Form von Schulgeld.“ Die soziale Ungleichheit an den Schulen werde so verstärkt, sagte er. Es sei schwierig zu überprüfen, ob die Schulleitungen bei der Auswahl ihrer Schüler den Geldbeutel der Eltern tatsächlich ignorieren: „Wenn sich hier ein Trend ergibt, muss man darüber nachdenken, ob kirchlich getragene Schulen überhaupt noch erwünscht sind“, sagte Meyer-Lauber der taz. Im Düsseldorfer Schulministerium teilt man diese Bedenken offenbar nicht: „Die Kirchen werden darum bemüht sein, dass alles sauber läuft“, heißt es dort.