Der Fischer und sein Land

SCHICKSAL Die Flut im Sommer hat die Menschen im Hochwassergebiet vereint. Einige sagen schon wieder: Die Elbe nimmt, und die Elbe gibt. Da ist Zuversicht, aber nur bei wenigen. Ein vorweihnachtlicher Besuch

AUS HOHENGÖHREN, KABELITZ UND FISCHBECK THOMAS GERLACH
(TEXT) UND ROLF ZÖLLNER (FOTOS)

Gernot Quaschny läuft mit großen Schritten über sein Anwesen. Durch die hüfthohen, schwarz glänzenden Watstiefel sieht es aus, als schreite da ein Kranich übers Land. „Das Wasser stand bis unters Fenster“, sagt Quaschny, als er innehält. Aber wie hoch genau? Er sucht nach einer Marke. Doch es gibt keinen Hinweis mehr, keine Erinnerung. Die Fenster sind weg, das Haus ist weg, das Wirtschaftsgebäude ist weg. Eigentlich ist alles weg, was damals war. Und das Wasser hängt heute nur in den Netzen, die über den Zäunen liegen. Auch die Zäune sind neu. Quaschny wirkt, als ob er sich selbst nicht ganz zurechtfindet, dabei ist er hier großgeworden.

„So lange wie ich lebe, haben wir keine Probleme mehr mit Wasser“, murmelt er wie ein Prophet, hat dabei die Hände in der Jackentasche vergraben und blickt zufrieden unter der blauen, mit Erde besprenkelten Schirmmütze hervor. Der Blick ruht auf einem mächtigen Riegel aus grün lackiertem Stahl. Ein Lächeln huscht über Quaschnys Gesicht. Es ist, als hätte der Fischer die Bibel zu Rate gezogen: Ein Boot thront vor ihm auf Beton, 30 Meter lang, 70 Tonnen schwer und komplett als Wohnung eingerichtet, „Arche 2013“ weht an Bug und Heck.

Der Fischer Gernot Quaschny, fünfzig Jahre alt, ist einer von denen, die sich vor einer neuen Jahrhundertflut nicht mehr zu fürchten brauchen.

Eigentlich ist Hohengöhren beim Deichbruch vor einem halben Jahr glimpflich davongekommen. Tagelang war es eine Insel inmitten der Elbe, das Dorf blieb aber weitgehend trocken. Quaschnys Grundstück am Ortseingang nahm sich die Elbe wie zum Trotz, als wollte sie den Mann einmal besuchen, der ihr die Fische abjagt.

Und weil Quaschny Boote hat, ist er zum Held der ganzen Region geworden. Er versorgte die Eingeschlossenen in den Dörfern, half den Deich zu sichern, rettete Rehe. Quaschny war „der gute Mensch von Hohengöhren“ – so adelte ihn die Volksstimme, ein stiller „Helfer in der Not“. Fontane, würde er noch leben, hätte ihm eine Ballade gewidmet.

Stattdessen war Quaschny im Fernsehen zu sehen. Gut vier Wochen nach dem Deichbruch war sein Hof der erste, der abgerissen wurde. Als der Bagger sein Haus zerstückelte, hockte Quaschny neben dem Haufen Schutt wie ein Schmerzensmann.

Jetzt ist der Lebensmut zurück. Eigentlich wollte er auf den Trümmern ein Holzhaus errichten. Nur für den abgesoffenen Hofladen hatte er ein kleines Hausboot als Ersatz im Blick. Doch je länger er mit seiner Lebensgefährtin suchte, desto größer und wohnlicher wurden die Schiffe. Und was passt besser zu einem Fischer als eine Wohnung auf einem Boot? Quaschny wundert sich, dass ihm dieser Gedanke nicht sofort gekommen war.

Er steht immer noch ruhig und aufrecht, als balanciere er auf einem Kahn. Der Blick geht auch beim Reden in die Ferne. Da irgendwo im Nebel wälzt sich die Elbe. Man merkt, dass da einer spricht, der seit 34 Jahren allein auf dem Wasser ist. Gern würde er bald wieder dorthin zurück.

„Die Elbe hat keinen Schaden genommen“, sagt er. Im Gegenteil, die Welse haben sich in diesem Jahr prächtig vermehrt. Die Wasserqualität werde immer besser, alte Fischarten könnten zurückkehren, Lachse? Vielleicht sogar der Stör? Dazu kommen die Brassen, der „Fisch der Zukunft“, schwärmt Quaschny, ein Speisefisch erster Güte. Leider mögen viele die Gräten nicht. Als ob man Fisch ohne Gräten haben könnte. Das geht so wenig wie Elbe ohne Hochwasser. Natürlich, wappnen kann man sich. Gegen die Gräten hat er eine Entgrätmaschine gekauft, gegen die Flut hat er das Hausboot.

Quaschny läuft wieder los, stakt die kurze Treppe aufs Achterdeck hinauf, verschwindet im Boot. In dem Moment begrüßen die Hunde einen Alten, der auf dem Fahrrad um die Ecke biegt. „Ja, ein Wühler war er schon immer“, sagt der anerkennend über den Hausherrn Quaschny. „Hier sah’s schlimm aus.“ Der Mann blickt sich um. Das Wasser stand vier Wochen, bis es endlich abfloss. Nach der Flut kam der Bagger. Nach dem Bagger das Boot. Zuerst über die Elbe, den letzten Kilometer rollte es auf einem Tieflader heran. Durch die unkonventionelle Behausung scheint Quaschnys Ansehen noch gestiegen. „Wir kennen uns schon ewig!“, beteuert der Alte, als würde das etwas von dem plötzlichen Ruhm auf ihn lenken. Die Eisentür springt auf, Quaschny hat die Watstiefel ausgezogen, läuft in großem Bogen über den Hof, entschuldigt sich. „Zeitdruck! Muss zur Verwaltungsgemeinschaft!“, steigt in einen Polo, setzt kurz zurück und braust davon. Da, wo das Auto stand, ist der Boden ziegelrot, die Reste des alten Hauses, wie getrocknetes Blut. Jetzt feiert er mit seiner Lebensgefährtin und den beiden Töchtern erst mal Weihnachten, und zu Ostern will Quaschny den Hofladen dann wieder öffnen – Hecht, Zander, Schlei, Plötze, Brasse. Die Elbe nimmt nicht nur, sie gibt auch.

Draußen auf den Wiesen erinnern die mannshohen glänzenden Silopackungen, die wie Würfel am Koppelzaun hängen, daran, dass hier Kräfte wüteten, für die selbst tonnenschwere Lasten nur Spielbälle sind. Auf den Äckern stehen Pfützen groß wie Fußballfelder. Bauern, sollten sie sich mit Traktoren darauf wagen, würden versinken wie im Watt. In den Kiefernwäldern steht schwarz die Brühe, Brutstätte für Wolken von Mücken, wenn die Sonne wieder höher steigt. Manche Schäden lassen sich Zeit.

In Kabelitz steht Herta Lahne auf der Straße. „Schauen Sie mal, wie der das Holz herausholt.“ Behutsam schnappt der Greifer eine Latte, zieht sie aus dem Schutt und wirft sie auf einen Stapel. Der Bagger blubbert leise und dreht sich mit einer Eleganz, die nicht zu seiner Aufgabe passen will. Herta Lahne scheint fast Gefallen daran zu finden. Es ist dieselbe Firma, die Gernot Quaschnys Haus abgeräumt hat. Jetzt ist ihr Heim dran, das sechste.

Im Juli hatte das Ehepaar Lahne noch geglaubt, die zweite Jahrhundertflut binnen elf Jahren glimpflich überstanden zu haben. Das Schicksal Gernot Quaschnys würde ihnen jedenfalls erspart bleiben. Ihr Bauernhaus blieb weitgehend trocken. Die Elbe kam über die Felder in Garten und Hof und leckte so lange an einer Hausecke, bis sie durch ein Loch in den Keller schlüpfte. Als sie wieder fort war, hatte sie einen mächtigen Sandhaufen zurückgelassen. Im Juli schien Fritz Lahne, der wie benommen wirkte, zu glauben, ein Kobold hätte ihm den Haufen dort hingesetzt.

Joachim Weidemann, Bausachverständiger aus dem nahen Schönhausen, blickte damals schon skeptisch durch die Sonnenbrille, befühlte die Risse wie bei einem Patienten und behielt seine schlimmste Befürchtung noch für sich – dass die Flut das Fundamente unterspült hat. Manche Wände standen jedenfalls schon bedenklich schief. Die Betriebsamkeit des Sachverständigen und das stille Entsetzen des Hausherrn wirkten sonderbar, so nebeneinander. Nur das unbeirrte Treiben der Hühner und vor allem des Hahns erinnerten an eine Idylle, die fortgespült war.

Die Hühner sind jetzt eingesperrt in einem Häuschen, über das in Abständen Staubfahnen ziehen. Nein, ihr Mann Fritz will sich das hier nicht antun, erzählt Herta Lahne. Er sitzt im Ausweichquartier schräg gegenüber im Sessel und lenkt sich mit Fernsehen ab. Dabei müsste sie es sein, die Zerstreuung braucht. Es ist ihr Haus, hier wurde sie vor 62 Jahren geboren. Nach der großen Flut von 1845 und der Feuersbrunst wagten ihre Ururgroßeltern einen Neuanfang, ein mächtiges Haus, gegründet auf Feldsteinfundament. Die fünfte Generation ist nun wieder soweit. Allerdings steht Herta Lahne kurz vor der Rente. Ein Bungalow solle es sein, erzählt sie, „altersgerecht, höchstens zehn mal zehn Meter.“ Ein paar Brocken aus dem alten Fundament will sie beiseite legen, als Mahnung und für einen Steingarten.

„Guck mal, da liegt noch ein Schuh!“, ruft Weidemann und deutet auf den Schutt. „Kannste dir holen!“, flachst er. „Einer nutzt mir auch nichts“, flachst sie zurück. Aber so lustig ist das hier nicht.

Herta Lahnes dünnhäutiges Gesicht und die müden Augen erzählen mehr, als sie mitteilen will. Die Hände tief im Anorak vergraben, den Kopf eingezogen, helfen Späße nur über den Augenblick. Der Bagger sitzt derweil wie ein wildes Tier auf einer Kuh und reißt Stücke aus dem Schutthaufen heraus. Und Joachim Weidemann steht daneben, Fotoapparat auf der Brust, und knipst von Zeit zu Zeit den Fortschritt. 32 Gutachten hat er schon verfasst. „26 sind durch!“

Erst mit den genehmigten Gutachten fließt Geld aus dem Aufbauhilfefonds von Bund und Ländern. Mit einem Zuschuss von bis zu 80 Prozent der Kosten für den Wiederaufbau können Wohneigentümer rechnen. Allein der Abriss hier dürfte mindestens 20.000 Euro kosten, schätzt Weidemann.

Herta Lahne schaut sich um. „Seid ihr schon fertig?“, ruft sie einer Nachbarin zu, die mit Hund vorbeikommt. Die Frau winkt ab, Ende Januar könnten sie vielleicht wieder einziehen. „Wir haben wenigstens Dach und Außenmauern. Aber das?“ Sie deutet auf Lahnes Schutthaufen. „Prost Mahlzeit!“

Zartbesaitet ist hier keiner mehr. Herta Lahne, die noch bei der Volksbank in Havelberg arbeitet, steht vor den Treppenstufen, die nur noch in den Schutt führen. Die Kälte kriecht die Beine hoch, Lahne will gehen und kann sich doch nicht abwenden. Ihr Elend läuft bald im Fernsehen. „Abrissbirne statt Adventskranz“ heißt der Beitrag im MDR saisongemäß. Etwas Bethlehem in Sachsen-Anhalt, allerdings nur was das Unbehauste betrifft.

„Das Haus hat Seele“, sagten sie sich. Und blieben

Bei Kolleys am Ende des Dorfs sind die Rollläden unten. Im Juli waren der Aufbauwille hier mit Händen zu greifen. Freiwillige bis aus Berlin waren zugange. Der Eifer steckte alle an, auch die Durchreisenden. Wildfremde Menschen haben, Tränen in den Augen, das Portemonnaie geöffnet, Geld durchs Fenster gereicht, erzählte Marianne Kolley.

Der Vorraum, einst die winzige Poststelle des Dorfs, war die Kantine. Marianne Kolley, verfolgte von hier die Maurerarbeiten, schenkte Kaffee aus, verteilte Kuchen und konnte diesen Gemeinsinn kaum fassen. Sie war es auch, die lachend zugab, dass sie noch fix frische Blumen auf den Stubentisch stellte, bevor sie vor dem Wasser fliehen mussten.

Ihr Ziel: schnell wieder in dem kleinen Haus zu wohnen, in das sie 2007 eingezogen waren. Weihnachten wieder daheim. Diese Gewissheit beflügelte alle und ließ das Rentnerpaar in einem Verschlag im Garten aushalten: „Das Haus hat Seele.“

Wo sind Kolleys jetzt? Im Nachbardorf untergekommen, heißt es in Kabelitz. Und das Haus? Achselzucken. Am nächsten Morgen steht die Haustür offen. Die Fußböden sind frisch aus Beton, aber roh, im Wohnzimmer ist eine Wand hochgezogen, aber nur halb. Irgendetwas ließ die Menschen mitten in der Arbeit aufhören. Da kommt Marianne Kolley vom Hof herein. Wie es ihr gehe? „Beschissen!“ Viel mehr wird sie nicht sagen. Blass steht sie im Raum, Joggingjacke, weißes Haar. 72 Jahre, kein Dach überm Kopf und keine Spur von Hoffnung.

Kolleys Haus, das keinen Riss aufweist, kämpfe mit Feuchtigkeit, werden sie später im Dorf erzählen. Vermutlich aussichtslos. Es ist wie Siechtum – und sie müssen hier aufpassen, dass es sich nicht auf die Menschen überträgt. Marianne Kolley, wie sie so starr in der Küche steht, müsste dringend zur Kur, irgendwo in den Süden, weit weg von Kabelitz und feuchten Wänden.

„Die alten Leute tun mir leid“, sagt Kai-Uwe Manzke. Junge mit Kindern wissen sich meist zu helfen. Die Kraft reiche aus, um neu anzufangen. Aber die Alten?

Manzke redet wie ein Seelsorger. Er ist für ein Wochenende nach Fischbeck zurückgekehrt, morgen findet hier im „Haus der Vereine“ eine Weihnachtsfeier statt, ausgerichtet von Fluthelfern aus dem sächsischen Zwickau. In der Ecke des langen Saals steht schon der Weihnachtsbaum, links daneben reckt sich eine Yuccapalme. Darunter hat der 43-Jährige sechs Wochen auf einem Sofa kampiert, die ersten sechs Wochen.

Insgesamt blieb er dreieinhalb Monate. Manzke zog sich eine Signalweste über, schrieb „Kai-Uwe“ samt Telefonnummer auf den Rücken und wurde zur fleischgewordenen Notrufsäule. Dass ihn viele hier einfach „den Dicken“ nannten, scheint Manzke nicht zu stören.

Ein dickes Fell, Organisationstalent und der Umstand, dass er von der Flut selbst nicht betroffen war, qualifizierten ihn zum Multitalent, das der Bürgermeister in dem Chaos dringend brauchte. Einer, der den Überblick behielt, einer, der alles managte: die Hilfslieferungen, die freiwilligen Helfer, die Notquartiere, das Mittagessen, Handtücher, Waschpulver, Baumaterial, Notstromaggregate, Diesel und Interviewanfragen. „Die Leute waren so herzlich, die haben mich gedrückt“, erinnert sich Manzke.

„In der ersten Zeit haben die Leute zusammengehalten“, erzählt er. Danach wurde es komplizierter. Als die ersten Sachspenden geschickt wurden, breitete sich Missgunst aus. „Plötzlich haben sich die Menschen untereinander nicht mehr geholfen“, beobachtete er. Plötzlich standen Leute bei ihm auf der Matte, beschwerten sich, stellten Forderungen. Als die ersten Spendengelder zu verteilen waren, wurde es noch schlimmer. Die Spendenkommission hatte eine undankbare Aufgabe. Inzwischen hat sie in der Gemeinde 360.000 Euro verteilt. Doch die Stimmung wurde immer kühler.

Mit den Spenden kam irgendwann auch der Neid

Ganz schlimm wurde es dann mit den Waschmaschinen. Ein Hersteller hatte sie der Gemeinde geschenkt, die Trommeln rotierten die ersten Wochen Tag und Nacht im improvisierten Waschsalon. Danach sollten sie an Bedürftige vergeben werden. Zwölf Waschmaschinen und zwölf Trockner bei 1.400 Einwohnern in drei Dörfern. Zum Schluss sollte es Manzke richten. Und er richtete es nach seiner Fasson. Ganz viel Neid sei aufgekommen, erzählt er. Ein Besoffener rollte mit Rad auf den Hof und brüllte schon von Weitem: „Warum habe ich keine Waschmaschine abbekommen?“ „Weil es Hunderte Haushalte gibt und nur zwölf Maschinen“, blaffte Manzke zurück.

Vor genau einem Jahr hat Manzke seinen Laden für Geschenkartikel und Jagdbedarf im Brandenburgischen geschlossen. Die jahrelange Selbstausbeutung musste ein Ende haben. Das Jahr 2013 sollte einen Neuanfang bringen. Der kam. Hier stand er im „Haus der Vereine“. Jäger, unkompliziert, pflegeleicht – so charakterisierte er sich vorm Bürgermeister. Dann hat er sich die Signalweste übergeworfen und bis zum 14. Oktober kaum noch einmal abgelegt.

Manchmal scheint es, dass Manzke seinen Einsatz bereue. „Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet“, sagt er, als müsste er sich rechtfertigen. Doch in die Erinnerungen drängen sich schnell die Extreme. Ein verwirrter Professor, der alle absetzen wollte, Steuerbetrüger, die mit Lkws wie ein Wanderzirkus von Krisendorf zu Krisendorf die Elbe abklapperten und natürlich die Unzufriedenen, die Trickser, die sich die Taschen vollhauen – alles erlebt. Alles überstanden. Jetzt lachen sie.

Bodo Ladwig hat sich dazugesetzt. Ein Bier täte gut. Der Bürgermeister hat einen Gang runtergeschaltet, muss nur noch selten zum Rauchen vor die Tür. Auch Ladwig könnte einen Urlaub vertragen. Immer noch hat er zwei Jobs, als Besamer im Kuhstall und als Vorsteher in der Gemeinde. Sechzehn Jahre ist er Bürgermeister, zwei Jahrhundertfluten, eine Katastrophe – Ladwig, der Ende Dezember sechzig wird, könnte abtreten.

Der Kai-Uwe wäre ein würdiger Nachfolger. Ach, es wäre doch schon schön, wenn ihn die Gemeinde beschäftigen könnte, hatte Ladwig schon früher gestöhnt. Für zwei Jahre reiche die Arbeit. Doch für solche Lösungen gebe es kein Geld, trotz der 2,4 Milliarden Fluthilfe, die Sachsen-Anhalt zustehen. Und Kai-Uwe Manzke zieht es ja außerdem in die Heimat. Vor Kurzem hat er in seinem Dorf ein Haus gekauft, für sich und seine neue Liebe. Hier in Fischbeck sind sie sich während der Flut begegnet.

Als er nach dem vierten Einsatztag in all dem Chaos einen Zusammenbruch erlitt, hat sie ihn wieder aufgebaut. Fast scheint ihm sein privates Glück ein wenig unpassend. Er sei schließlich nicht zur Brautschau gekommen. Seine Freundin, erzählt er lächelnd, werde zu ihm ziehen.

Für die Fischbecker hat er nur einen Trost. „Beim nächsten Mal komme ich wieder“, versprach er. Gelacht hat niemand.

Thomas Gerlach, 49, ist Reporter der taz. Er war im Juli schon einmal in der Elbregion: taz.de/flut

Rolf Zöllner, 60, ist freier Fotograf in Berlin. Auch er hatte die Dörfer im Sommer besucht