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Archiv-Artikel

Bruchlandung!

DFB-TEAM Beim 0:1 gegen Serbien landen die deutschen Überflieger unsanft auf dem Boden der Tatsachen

JA GUT, ICH SACH MAL

 Lukas Podolski: „Normalerweise bin ich ein sicherer Schütze.“ ■  Bastian Schweinsteiger: „Wenn man die ganzen gelben Karten sieht, das ist doch ein Witz. Da muss man sich überlegen, ob das überhaupt Sinn hat. Das ist nicht gut für den Fußball. Für mich ist das lächerlich. In der Kabine herrscht Wut und Enttäuschung, weil wir das Spiel gewinnen hätten müssen. Auch zu zehnt waren wir noch gut.“ ■  Joachim Löw: „Wir stehen jetzt vehement unter Druck, aber das ist auch eine gute Situation.“ ■  Radomir Antic, Trainer Serbien: „Wir haben das Ergebnis in der zweiten Halbzeit verwaltet.“

AUS PORT ELIZABETH ANDREAS RÜTTENAUER

Es war die 77. Minute des Spiels Deutschland gegen Serbien. Bundestrainer Joachim Löw winkte Holger Badstuber zu sich. Der junge Münchner Verteidiger musste vom Platz. Vielleicht war er ganz froh darüber, dass der Albtraum für ihn vorbei war. Einen rabenschwarzen Tag hat er auf seiner linken Abwehrseite erwischt. Und was viele vor der WM befürchtet hatten, es ist Realität geworden. Die DFB-Elf hat ein massives Abwehrproblem. Mit 0:1 verloren die Deutschen ihr zweites Gruppenspiel bei dieser Weltmeisterschaft. Und es war nicht die Schuld des sicherlich bemerkenswerten spanischen Schiedsrichters Alberto Undiano, der Miroslav Klose schon in der 37. Minute mit Gelb-Rot vom Platz geschickt hat, dass es mit einem Durchmarsch der Mannschaft ins Achtelfinale nichts geworden ist.

Als der bemitleidenswerte Badstuber, der fast immer falsch stand und nie mitkam, wenn auf der rechten Offensivseite der Serben Milos Krasic geschickt wurde, der die Vorbereitung des serbischen Tores durch Milan Jovanovic ermöglicht hatte, endlich befreit wurde von der Aufgabe, der er nicht gewachsen war, da war die Hoffnung längst dahin, dass es noch etwas werden könnte mit dem Ausgleich.

Ihr Frust galt dem Schiedsrichter, der Miroslav Klose nach dessen zweitem unfairem Tackling vom Platz gestellt hatte. Drei Gelbe Karten hatte Alberto Undiano da schon gezeigt. Eine für Kloses erstes Foul. Dass er Gelb-Rot gesehen hat, wollte er auch nach dem Spiel nicht verstehen. Natürlich hat er gesagt, was Übeltäter in diesem Fall meistens sagen: „Ich wollte den Ball spielen.“ Er fügte aber hinzu: „Fußball ist ein Kampfspiel.“ Das habe der Schiedsrichter anders gesehen. „Kleinlich“ habe er gepfiffen. Auch der Bundestrainer wunderte sich sehr über den Spanier und konnte überhaupt nicht verstehen, dass ein Referee „in einem Spiel, das gar nicht mal so hart war, acht Gelbe und eine Rote Karte gezeigt hat“. Doch er blieb fair. Für ihn war es nicht allein der Schiedsrichter, der die Partie entschieden hatte.

Auch ihm muss schnell klar gewesen sein, dass die Deutschen nicht noch einmal ein derartiges Feuerwerk zünden würden wie im ersten Gruppenspiel gegen Australien. Wo war sie nur geblieben, die Beweglichkeit der Mannschaft? Wie Herrenreiter trabten die Deutschen über den Platz. Die serbischen Raumverdichter hatten es nicht sonderlich schwer. Die rot gewandeten Fleißkicker liefen beinahe jeden Ball, den ihr Gegner in die Spitze spielte, ab. Dass die Deutschen in Rückstand gerieten, lag auch an ihrer mangelnden Bereitschaft, Lücken zu suchen.

Die serbischen Raumverdichter hatten es nicht schwer mit den deutschen Kombinationen

Geärgert haben dürfte das den Bundestrainer vor allem deshalb, weil die deutsche Zehn nach der Halbzeitpause durchaus gezeigt hat, wie man eine derartig gut verschiebende Abwehr ausspielen kann. Die Sprints in die Spitze wurden länger, aus dem Traben war endlich Rennen geworden. Lange hatten deutsche Teams gegen derartig unangenehm arbeitende Mannschaften kein Mittel. Ausgerechnet bei der Niederlage gegen Serbien haben zehn Deutsche gezeigt, dass sie über den Schlüssel für ein solches Spiel verfügen. Und hätte Lukas Podolski in der 60. Minute den Handelfmeter verwandelt, der den Deutschen zugesprochen worden war, hätte diese Art zu spielen wahrscheinlich den Stoff für die Geschichte dieser Partie abgegeben. „Es ist einfach vieles gegen uns gelaufen“, meinte dazu Joachim Löw.

Der nimmt aus dem Spiel zumindest eine positive Erkenntnis mit: Seine Mannschaft ist außerordentlich fit. Auch zu zehnt hat sie sich lange weiter Chancen erarbeitet und konnte auf die Konter der Serben reagieren. Es sei denn, sie wurden über rechts vorgetragen, über Badstubers Seite. Den hat Löw nach der Begegnung ausdrücklich in Schutz genommen: „Er war nicht überfordert.“ Punkt. Löw wirkte angeschlagen. Einmal sprach er von „den Bosniern“, ein anderes Mal von „den Kroaten“, als er über die Serben sprach. „Jetzt stehen wir natürlich unter Druck“, sagte der Bundestrainer. Dann richtete er sich auf und stellte klar: „Ich gehe natürlich davon aus, dass wir weiterkommen.“ Die Partie gegen Ghana, sie wird ein echtes Endspiel.

Deutschland: Neuer - Lahm, Mertesacker, Friedrich, Badstuber (77. Gomez) - Khedira, Schweinsteiger - Müller (70. Cacau), Özil (71. Marin), Podolski - Klose Serbien: Stojkovic - Ivanovic, Vidic, Subotic, Kolarov - Kuzmanovic (75. Petrovic), Ninkovic (70. Kacar) - Krasic, Stankovic (79. Lazovic), Jovanovic - Zigic

Zuschauer: 40.000 Tor: 0:1 Jovanovic (38.) Gelb-Rote Karte: Klose (37.)