„Das ist doch alles Quatsch!“

SPARPOLITIK Der Bezirksstadtrat von Mitte für Schule und Jugend, Ulrich Davids (SPD), hört zum Jahresende auf – mit dem ewigen Sparen könne man keine vernünftige Politik machen, sagt er

■ 55, ist studierter Sozialpädagoge und kommt aus der Kinder- und Jugendhilfe. Seit 2003 ist er verpartnert. Bis 2011 war er Leiter des Freizeitbereichs an einer Grundschule in Kreuzberg. Von 2001 bis 2011 Mitglied der SPD-Fraktion in der BVV-Mitte. Seit Oktober 2011 Bezirksstadtrat für Jugend, Schule, Sport und Facility Management im Bezirk Mitte. Nach seinem Rücktritt wird er im kommenden Jahr zurück in die Sozialarbeit gehen zu einem Freien Träger.

taz: Herr Davids, warum wollen Sie nicht mehr Stadtrat sein?

Ulrich Davids: Bei diesem großen Spardruck, dem der Bezirk Mitte permanent ausgesetzt ist, sehe ich keine Möglichkeit mehr, eine vernünftige Politik zu machen. Zum Beispiel haben wir vom Senat die Vorgabe, im Bezirk 225 Stellen abzubauen. Auf meinen Bereich, der mit Schule, Jugend und Sport der größte ist, fallen alleine schon 90 Stellen. Wo soll ich die hernehmen? Im Jugendbereich etwa haben wir zwar viele ältere Mitarbeiter, aber reif für die Rente sind sie noch nicht. Und ich kann sie ja schlecht überreden, vorzeitig zu gehen.

Aber gibt es nicht immer irgendwo Sparpotenzial?

Wir haben schon bei der Fusion der Bezirke Mitte, Tiergarten und Wedding ganz stark gekürzt. Und es kommen ja immer neue Aufgaben dazu: zum Beispiel beim Kinderschutz die neue Hotline, die Kita-Gutscheinstelle oder das neue Betreuungsgeld. Letzteres wird zwar zum Glück noch nicht stark nachgefragt, aber dennoch ist immer mehr zu tun. Gleichzeitig haben wir immer weniger Leute.

Wo haben Sie vor allem Finanzbedarf?

Eigentlich müssten wir jeden Cent, den wir haben, in die Sanierung der Schulen stecken, da gibt es einen riesigen Stau. Aber das geht nicht, weil wir uns von einer Haushaltssperre zur nächsten hangeln – und wenn dann etwas Geld da ist, wird es in die Schuldentilgung gesteckt. Jetzt hat Bezirksbürgermeister Christian Hanke fürs kommende Jahr schon wieder eine Haushaltssperre verhängt. Das heißt, mit den Jugendeinrichtungen, bei denen ich die Wogen wegen vergangener Kürzungen gerade geglättet hatte, wird es wieder Ärger geben. Und irgendwann wird es einfach paradox.

Inwiefern?

Zum Beispiel sollte ich die Hausmeister in den Schulen outsourcen. Das habe ich zwar abgeblockt. Aber jetzt soll ich 32 Sportwarte abbauen – obwohl private Firmen teurer sind. Ich habe ja private Angebote eingeholt und weiß das daher. Ein Hausmeister repariert viel selber, verstopfte Leitungen etwa, und setzt auch mal selbst eine neue Scheibe ein. Hausmeister sind ja mit ihrer Schule quasi verheiratet. Aber Privatfirmen lassen sich alles extra bezahlen. Das ist doch alles Quatsch!

INTERVIEW: SUSANNE MEMARNIA